Man stelle sich vor, man ist so dumm und möchte seine Brötchen tatsächlich mit der Entwicklung, der Herstellung, dem Vertrieb von Computerspielen verdienen.
Man stelle sich ferner vor, wie toll es ist, wenn man sogar die Möglichkeit hat mit Veteranen der Branche zusammen zuarbeiten. Und wenn es, wie im Falle von John Romero, nur darum geht, wüste Geschichten aus den Glorreichen, den Wilden Jahren dieses doch noch recht jungen Mediums aus erster Hand zu erfahren.
John Romero hatte vor einer Weile ein paar Investoren gefunden, hat Slipgate Ironworks gegründet und bastelt seit etwa zwei Jahren an einem nicht näher definierten MMO. Man stelle sich vor, man würde dort engagiert und würde engagiert an eben jenem Titel arbeiten und in den Pausen wüsten Geschichten lauschen, wie John früher bei Ion Storm … oder er und Carmack, als die Frau in der Kneipe … oder wie Tom Hall damals …
Man stelle sich vor, man arbeite also in einer kreativen, freien und anregenden Umgebung, umgeben von anderen Leuten, die auch nichts weiter tun wollen, als kreativ, frei und anregend an einem gemeinsam Projekt zu arbeiten. Toll, nicht? Würde, wie ich in meiner jugendlichen Naivität annehme, wohl jeder von uns gerne tun.
Man stelle sich nun aber vor, die Finanzkrise ginge nicht spurlos an unserem kleinen Entwickler-Paradies vorbei, es würden vielleicht Investoren abspringen oder zugesagte Milestone-Gelder würden ausfallen, eventuell wäre dadurch sogar das Projekt als solches gefährdet. Es passiert, was in solchen Situationen oft genug passieren muss. Man baut Personal ab, weil nicht mehr genug Geld da ist, um die Gehälter zu bezahlen. Das ist schon schlimm genug, zerstören solche Ereignisse doch gewachsene Strukturen und das fragile Beziehungsgeflecht, welches notwendig ist, um eine gesunde und konstruktiv-kreative Arbeitsumgebung zu schaffen, die absolute Grundvoraussetzung ist, wenn man im überfüllten MMO-Markt sich von der Masse entsprechend absetzen möchte.
Man stelle sich nun vor, wie sich entlassenen und verbliebenen Angestellten fühlen mögen, wenn diese Angelegenheit (Quellen sprechen von etwa 50 entlassenen Leuten bei Slipgate) offiziell von einem Sprecher der Firma folgendermaßen kommentiert wird:
„As part of our focus on reaching the widest possible audiences with breakthrough MMO entertainment, we decided to change the format of our project at Slipgate Ironworks to better achieve this aim. The game we’ll launch will build on the efforts to date with a smaller core team and the other Slipgate staff are already in discussions around the many open positions across our slate of projects.“
Alles easy, alles im Griff, alles unter Kontrolle, alles bestens und alle Zeichen stehen auf Wachstum und Prosperität.
In Momenten wie diesen ballt sich meine rechte Faust, um genau das zu tun, was Menschen mit geballten Fäusten normalerweise tun. Zuschlagen! Mitten in die Fresse. Bis das Blut fliesst.
Ich hasse dieses Corporate Speak. Ich hasse dieses Neusprech, diese schönfärberischen Uminterpretationen, die Verleugnungen und die zT. dreisten Lügen, mit denen nach Aussen die heile Welt und blühende Landschaften vermittelt werden sollen. Ich hasse es, wenn man Menschen wie rechtlose Ressourcen behandelt. Und als ich gestern Nachmittag im Buchladen meines Vertrauens erfahren habe, dass selbiger zum Ende des Jahres schliesst, weil die zum Douglas-Konzern gehörende Buch-Kette „Thalia“ ihren Plan zur alleinigen Herrschaft über die Einkaufszonen deutscher Städte weiter nach Plan ausführt (in Karlsruhe und anderen deutschen Städten werden systematisch kleine Buchhändler aufgekauft und nach ein, zwei Jahren dichtgemacht, damit die Kunden lieber in die neuen Thalia-Läden gehen), da ballte sich mir nicht nur die Faust in der einen Tasche, sondern in der anderen Tasche klappte dann das Messer auf.
Zuerst zuschlagen, dann aufschlitzen. Von einem Ohrläppchen zum anderen. Vorne rum.
Ich könnte jetzt natürlich abgeklärt und gelassen was von Marktbereinigung und den üblichen Konzentrationsentwicklungen erzählen. Ich könnte etwas von „üblich, ist halt so, business as usual“ erzählen und so tun, als ob es nicht nur vollkommen normal wäre, nein, sondern auch GUT so wäre, wie es ist. Denn der Markt, der sorgt dafür, dass wir reich und wohlhabend sind, nicht?
Ich will aber nicht.
Ich bin pissed.
Und mache mir so meine Gedanken, was man tun könnte, um derartige Lebens- und Denkstrukturen zu umgehen, zu ersetzen, zu ändern. Nein, weder kann ich fertige Lösungen anbieten, noch erhebe ich den Anspruch jemals eine fertige Lösung anbieten zu können. Ich mache mir aber meine Gedanken. Und bin der Faust dankbar, dass sie nicht ausfährt und ihr Werk verrichtet.
Schlicht und einfach aus dem Grund, weil ich somit wütend und motiviert bleibe.
Finde es gut, dass du deinen Frust über die gottverdammte Wirtschaft rauslässt und dich nicht von den "So ist das Geschäft" und "Jede Firma will nur Geld verdienen"-Leuten aufhalten lässt!
@SamSoNight: Jede Firma WILL Geld verdienen. Das ist nunmal Fakt. Die Frage ist jedenfalls nicht ob, sondern wie. Und genau da muss man auch ansetzen. Gegen das Interesse, Gewinn zu machen, ist nämlich nichts einzuwenden. Wenn dieser Gewinn auf dem Rücken der Kundenfreundlichkeit, Qualität und Vielfalt gemacht wird, aber schon. Und genau deswegen ist es auch richtig, gegen den Trend der immer größeren Konzentration vorzugehen.
Apropo Thalia, interessant wie da der Gewinn erwirtschaftet wird:http://jetzt.sueddeutsche.de/texte/anzeigen/487972
Schade das der Senior wohl kein Shooter MP Tüffel (mehr) ist, sonst hätte er sich über die neuesten Details zu CoD MW2 sicherlich "gefreut"…was bin ich froh, das ich CoD nicht mag, andernfalls wäre mir da wohl auch die Galle hoch gekommen.
Ich mag diese kleinen aber feinen Buchläden, mit ihren verwinkelten und mit Büchern überquillenden Räumen, in denen eine absolute Leseratte, ein Individualist und Kenner seines Metiers schon seit Jahrzehnten die Fäden zieht.Ich habe immer so das Gefühl die Welt verliert an Charakter und Individualität, an Vielfalt und den kleinen aber feinen Eigenheiten, wenn ich zu hören bekomme, daß schon wieder ein alteingesessenes Geschäft zu Gunsten einer Handelskette schließen mußte.Übrigens würde ich mich über ein paar Buchempfehlungen seitens Harzzachs und der Leserschaft sehr freuen, schließlich gilt es bald wieder Geschenke zu verteilen und selbst beschenkt zu werden.Besonders im Fanatsy und Sci-Fi Bereich bin ich leider noch ein recht unbeschriebenes Blatt, daher wären auch Empfehlungen älterer Werke sehr willkommen.Vielleicht kann Harzzach ja auch mal wieder irgendwann einen Eintrag mit Buchempfehlungen verfassen, würde mich neben Games auch sehr interessieren.
Zu CoD MW2: Ist doch die gleiche Schiene wie der wegfallende LAN-Modus von SC2. Alle Spieler sollen eine Plattform verwenden, die man somit besser vermarkten kann. Ausserdem spart man sich die Mühe, extra für die PC-Version Code zu schreiben und packt sie alle zusammen mit den Konsoleros in einen Sack 🙂
Und zum Aufkaufen von Buchläden gehören immer zwei: Einer der kauft und einer, der sich kaufen läßt.Davon abgesehen, halte ich die »kleinen Buchhändler« für klug, jetzt zu verkaufen. Bücher sind plain dead. Ich gehe weder in den Buchhandel noch zu Thalia. Und wer was einem angeblich existierenden »Markt« erzählen will: Mit der feinen Buchpreisbindung haben sich die Verlage selbst begraben.Die Ära Gutenberg ist zu Ende.Und zum Spielethema: Der nächste Video Game Crash wartet schon.
@Nerpax:Das meint ich auch eigentlich so 😉 Wenn sie Qualität zu einem fairen Preis vermarkten, kein Ding. Aber wenn die Firmen gängeln und verarschen und dafür noch abstruse Preise wollen (Hallo Infinity Ward/Activision!) dann kann und darf ich mich als potentieller Kunde darüber aufregen und habe das nicht zu akzeptieren!
Ich weiß janicht um welches MMo es sich hier handeln soll…nur dieses Statement in english errinert mich irgendwie ein bisschen an die "Funcom" Statements zu Age of Conan….da war auch immer alles paletti; bestens; auf dem Wege; wir haben viel erreicht; die spieler sind zufrieden etc.Wie zufrieden der Spieler war (insbesondere ich) hat mann ja nach 1-2 Monaten gesehen. oder auch nichtmehr gesehen – da Spieler wie ich diesem Spiel schnell den monatlichen Obulus verweigerten und sich bei andren Spielen/Anbietern wohler gefühlt haben.Diese schönrednerei in Presse Statements richtet sich doch nach aussen hin Primär an die Aktionäre oder potentiellen Geldgeber. Den nur dort wo was zu holen ist legt man auch sein Geld an.Gruß Hotze
Ich weiß janicht um welches MMo es sich hier handeln sollDas weiß niemand. Eben dieses Projekt, an dem man bei Slipgate arbeitete …Diese schönrednerei in Presse Statements richtet sich doch nach aussen hin Primär an die Aktionäre oder potentiellen Geldgeber. Natürlich. Und daran siehst Du zwei Dinge: Wie strunzedumm nicht wenige Investoren sind, die man mit derartigen Aussagen beeindrucken kann. Wie verlogen und korrupt dieses Geschäftsgebahren ist, wenn man denkt, Investoren nur mit hohlem Geschwätz und zT. dreisten Lügen beeindrucken zu können. Denn zu den netten Presse-Statements folgen noch manipulierte Bilanzen, Power-Points mit verzerrten Aussagen, Presse-Tanten mit tiefen Ausschnitten und Perma-Lächeln, nette Restaurantbesuche usw. usf.Ich habe keinen Bock mehr auf dieses verkommene Pack!
Genauso geht es mir auch….nicht nur auf die Spielebranche bezogen.In der Gotze bekomme ich vorgekaugelt ich brauch diese und jene Uhr um anklang bei den weibchen zu finden, dieses Auto um meinen Schniedel auf Normgröße zubringrn und jenes Klopapier um meinen Haufen richtig setzen zu können.Nur was will man dagegen tun? sich komplett abschotten wäre nicht Lösung des Problems.Sich mit abfinden das es so ist, wie es ist, wäre eine Art resignation am System. Ich verfüge nicht über die It-Kenntnisse um ein Spiel zu entwerfen; nicht über das Geld dies zu verwirklichen….kurzum ich bin wie ein kleinkind das von mutter gefüttert wird. Ich kann zwar die Nahrungsaufnahme verweigern, jedoch das Zubereiten des Breies nicht, da ich auf Mutti keinen Einfluß habe.Bleibt nur verhungern oder meinen Geist durch Breeige Software zu ernähren.Hotze
Gründe eine Gegenfirma, die für umme und als public domain arbeitet, Problem gelöst. Und schon kann man sich wieder im Spiegel betrachten.Und irgendwelche "ich muss doch auch irgendwie Überleben"-Statements lasse ich nicht gelten.Entweder radikale Veränderung oder gar keine.Solltest du Aktionen planen, stelle ich mich gerne zur Verfügung.
In unserer Stadt gibt es noch Thalia, Weltbild und einen kleinen Esoterischen Buchladen, alle anderen sind Pleite und wech!Als ich vor 6 Monaten Perry Rhodan Silberband Nummer 1 (als Geschenk) und von Strapkowski die deutschen Hexer Bücher kaufen wollte, merkte die hohle Nuss an, dass ihre Datenbank keinen Autoren mit Namen Rhodan finden würde. Als ich ihr erläuterte was es sich mit PR auf sich hatte, erklärte Sie mir: Sorry wir führen hier keine Trivialliteratur, aber Sie kann es gerne bestellen.Als ich darauf ein Buch von der Cartland hochhielt und fragte was dass den für eine Literatur Gattung wäre wurde ich ignoriert und einfach ein anderer Kunde bedient. Ich sagte der hohlen Nuss dass ich auch nach Strapkowski gefragt habe, wurde aber weiterhin ignoriert.Kurz daruaf kaufte ich mir einen Sonyreader. Seit ich meinen Sony Reader PRS-505 habe und einige gute Quellen wie Gutenberg und das BenutzerNET nutzte, habe ich keinen Buchladen mehr bereten. Auf meinem Reader habe ich englischen Lesestoff für die nächsten 10 Jahre gespeichert. Ansonsten bestellen wir nur noch bei Amazon und Peng fertig.
Boah, wenn man müde ist: Ich meinte natürlich den ehrenwerten Andrzej Sapkowski. My Bad.
Ähm, ist das ein Typo, das Du "…Weltbild und einen kleinen Esoterischen Buchladen…" schreibst? Weltbild war katholische Kirche, dürfte da immer noch gut drin hängen.Ich muss sagen, von den großen ziehe ich Weiland vor, in meiner Stadt liegen Weiland und Thalia in einem 50m Radius und ich mied Thalia schon immer, der Laden ist einfach schlecht ausgestattet was Lesestoff anbelangt.Noch ist es hier erträglich, ein paar kleine Buchläden gibt es, 2 "Antiquariate" sind mir bekannt, ein Comic/Mangaladen und ein spezieller Rollenspielladen – ansonsten amazon.
Das mit den Buchlaeden ist ja nun keine so grosse Ueberraschung… bei Spielen laeuft das doch aehnlich [nur mit Media Markt/Saturn anstatt Thalia].Bei uns gab's mal nen kleinen Buchladen, bei dem ich immer gekauft hab, bis ich weggezogen bin – danach Amazon. Da immer Buecher zu andrem Kram dazu, um Porto zu sparen [und die haben meist echt gute Preise, was Spiele und Filme angeht… naja, hatten; aufgrund dieser unsaeglichen USK/FSK-Plaketten kann man ja mittlerweile nur noch im Ausland bestellen].*laber laber spam*