Nachtgedanken

Es ist fünf vor Drei. Ich habe leichte Panik davor mich Schlafen zu legen, weil die letzten Nächte darin bestanden, plötzlich aufzuwachen, dann auf stundenlang der Toilette zu sitzen und sich ganz erbärmlich zu fühlen, während die Gedärme laut vor sich hin gurgeln, der Bauch sich wie eine runde, feste Kugel (schmerzhaft) anfühlt und man ständig gegen ein heftiges Würgegefühl ankämpfen muss. Es hilft nicht viel, wenn es heisst, dass da ein Virus umgeht und ich wohl nicht die einzige Person bin, die derzeit mit diesen Problemen zu kämpfen hat.

Während ich also dasitze und ein wenig mit meiner paarhufigen Schickse in Northrend Erz farme, mäandern während dieser recht stupiden Tätigkeit diverse Gedankengänge durch den Kopf. Der naheliegenste ist, warum ich 12.99 im Monat dafür bezahle, nur um mitten in der Nacht stupide Erz zu farmen. Hmm, es beruhigt derzeit die Nerven, von daher will ich nix sagen …

Dann fallen mir diverse Dinge ein, über die ich noch schreiben will. Ich fange an zu tippen, stelle aber schnell fest, dass nur entnervtes Rumgemähre bei rauskommt. Ich entrümpele meinen Entwurfsordner und fühle mich hinterher zwar nicht physisch besser, aber zumindest von so einigem Hirnmüll befreit.

Danach überlege ich mir, dass ich mir in den nächsten Tagen die Muße suchen sollte ein älteres Spiel aus der Gruft zu holen und über selbiges warme und gefühlsdusselige Worte zu verlieren. Vom jetzt seit Wochen dauernden anhaltende Durchwühlen etlicher Gigabyte von Doom-Mods etwas ermattet, zieht es mich zu einem Adventure hin. Nicht unbedingt einer der LucasArts-Klassiker, eher was von Sierra. Die Gabriel-Knight-Serie zum Beispiel, kenne ich hiervon doch nur kurze Ausschnitte des ersten Teils.

Achja, bei Oblivion bin ich wieder “eingeschlafen”. Trotz entsprechender Mods, welche die ermüdende Beliebigkeit des Dynamic Levelings ausschalten und abschwächen, gelingt es dem Spiel nicht, mich länger zu halten. Aus die Maus, das war’s. Keine Lust mehr. Bekomm ja kein Geld für … egal, gibt wichtigeres im Leben und andere Spiele, die mir mehr zusagen. Ich widerstehe der Versuchung, einen hämischen Hetzartikel über die seit “The Elder Scrolls: Arena” offenkundige Unfähigkeit von Bethesda, eine packende Storyline in ihre Spiele zu bringen, zu schreiben und begnüge mich damit, nochmals und unwiderruflich eine nicht zu überbrückende Inkompatibilität zwischen meinem Geschmack und Bethesdas Spieldesign-Vorstellungen festzuhalten.

Ich widerstehe danach der Versuchung, einen hämischen Hetzartikel über die quasi nicht-vorhandene Interaktivität in den SP-Kampagnen aktueller Call of Duty-Spiele fertigzustellen und begnüge mich mit der erheiternden Vorstellung, dass der nächste Teil der Serie bestimmt ein nicht abzuschaltendes Auto-Play-Feature enthält, welches den Spieler als lästiges und störendes Element während der Inszenierung actiongeladener Skriptsequenzen endgültig entfernt. Zudem ein Actionfilm mit Produktionskosten von ca. 30-40 Mio. Dollar, einem Verkaufspreis von im Schnitt 50-60 Euro und einer verkauften Stückzahl von etlichen Millionen wahrscheinlich profitabler als alles ist, was Hollywood in den letzten Jahren auffahren konnte.

Ausserdem finde ich gerade Gefallen an der Klangfarbe der koreanischen Sprache. Wollte ich nur mal so anmerken. Korean Pop hat was … ausserdem war ich schon immer ein Freund koreanisch-deftiger Küche. Hmm, Essen … *schüttel*

Jetzt ist es kurz vor Vier und die befürchteten Magenkrämpfe scheinen zumindest für heute Nacht auszubleiben.

Auszubleiben scheint auch ein Zustand, in dem ich schon seit langem nicht mehr verweilt habe. Der Zustand des “One-More-Turns”, wenn man von einem Spiel so sehr gefesselt ist, dass man Uhrzeit und RealWorld-Verpflichtung vergißt. Jetzt nicht nur auf Civilization bezogen, sondern ganz allgemein. Spiele bleiben immer mehr nur an der Oberfläche, ich finde kaum noch Titel, die mich länger als ein paar Tage, bzw. Stunden halten können. “Schuld” haben daran meine Wenigkeit, bzw. die Veränderungen, die mit einem im Laufe der Jahre zwangsläufig stattfinden und die nicht stattfindenden Veränderungen in der Angebotspalette vieler Publisher. Heute hält mich nur mein Magen wach, früher schaffte das noch ein Computerspiel und eine frische Liebe. Frisch verlieben kann man sich im etwas gesetzteren Alter zwar immer noch, aber man schlägt sich deswegen nicht mehr die Nächte um die Ohren. Denn die frische Liebe ist ja morgen auch noch da und wird garantiert NICHT weglaufen, sondern gibt sich ebenfalls dem Gesundheitsschlaf hin.

Es ist also eher die im Laufe der Jahre abgeschliffene Naivität, das abgeklärte “Ja, kenn ich schon. Nett und toll, aber kenn ich schon!”, welches mich angesichts heutiger Spiele allenfalls in zufriedenes Grinsen, aber nicht mehr zu hemmungslosen Begeisterungsstürmen hinreissen lässt. Zwar ist der überwiegende Teil des aktuellen Angebots dennoch unerträgliche Grütze, aber so mancher Titel, der an sich gar nicht mal so übel ist, löst bei mir, wenn überhaupt, nur noch ein müdes Achselzucken aus. Ist eben so. Kann ich nicht ändern, möchte ich auch nicht ändern. Weder ändere ich mich wieder in jüngere Geisteszustände zurück, noch wird sich die Industrie meinen Veränderungen anpassen. Man geht ab einem gewissen Zeitpunkt einfach getrennte Wege. Wie ein sich scheidendes Ehepaar, welches sich die Erinnerungen an die schönen Zeiten, die man zusammen hatte, nicht durch einen schmutzigen Scheidungskrieg kaputtmachen möchte. Na, Spiele-Industrie, meinst Du, wir können vielleicht noch Freunde bleiben?

Anyway, genug. Ich gehe jetzt ins Bett.
Bis morgen in alter Frische!

9 Kommentare zu „Nachtgedanken

  1. Ach, ich habe da Hoffnung, wenn auch nicht viel.
    Zur Zeit „quäle“ ich mich durch Alpha Protocol, der Versuch Obsidians mal was Anderes zu machen, als auf Biowares Welle zu surfen (und baden zu gehen…).

    Und wie so oft zwei Seelen schlagen, ach, in meiner Brust.
    Ich mag das Setting, ich mag die Pro- und Antagonisten (Auch oder gerade weil die vor Klischees ab und an nur so triefen) und ich finde die Idee generell gut.
    ABER (War klar, oder?)
    Technisch ist da mal wieder nur Konsolenmüll geliefert worden. Das fängt allem Anschein nach (Ich hab’s erst gar nicht probiert) mal wieder bei der Maussteuerung an. Mal sollte doch meinen, dass nach all den Posts in all den Spielen die Entwickler langsam mal gemerkt haben sollten, welche Einstellungen man in den inis der Unreal 3 Engine einstellen muss, damit die sich nicht anfühlt wie Spongebob im Ölfeld.
    Dann kommen noch Speicherpunkte hinzu, ein nicht durchdachtes Schleichsystem, eine Steuerung, die den „Ich baller mich da durch, Arschlecken“ Ansatz nicht wirklich unterstützt. (Wobei das auch für den Schleichmodus gilt, es sei denn man Skillt sich da hoch. Schon klar, soll ein RPG darstellen, aber immer öfter kommt es vor, dass man nur mit dem „Ich bin unsichtbar“ Skill überhaupt vorankommt.
    Dann noch teilweise Recycling im Leveldesign, KI Aussetzer (Die schwankt extrem zwischen „Woah, die Bastarde flankieren mich“ und „Warum ballert der auf seinen Kumpel, bleibt in der Ecke stehen und läßt sich nicht treffen???“)

    Das ist echt schade, denn das Spiel hat echtes Potential. Die Gespräche haben echte Auswirkungen über die Boni hinaus, die eine hohe Zu/Abneigung bringt.
    (Wenn man anfangs eine bestimmte Person nicht umbringt und sich mit ihr gut steht, wird später einiges einfacher. Klappt auch andersherum.) Gestern hat es eine Entscheidung von mir verlangt, über die ich wirklich nachdenken wollte (Aber nicht wirklich konnte. Der Druck, der auf dem Spieler lastet fühlt sich hier richtig an). Das letzte Spiel, dass eine ähnliche Entscheidung von mir verlangt hat (Mass Effect) hat es bis dato nicht geschafft, mir die Personen nahe zu bringen. Wie ich gerne sage, Wrex lag erschossen im Dreck, bevor der NPC ausreden konnte.

    Aber trotz der Unzulänglichkeiten freue ich mich jetzt schon auf den zweiten Durchlauf, mit Boni bei den Skills, einer neuen Skillung und evtl. einem anderen Ende. Das ist bei langatmigen RPG (und manche Missionen sind mit dem Schleichansatz echt zäh) bei mir eher selten.

    Will sagen, ab und an blitzt eine Perle auf, echte Evolution (In diesem Falle die Interaktion mit NPC und die Konsequenzen daraus). Nur um dann von Executive Meddling wieder kaputtgemacht zu werden. (Hoffnung auch Patches habe ich nicht. Wie Sacred 2 hilft diesem Spiel nur ein kompletter Neuanfang.)

  2. Achja, der zweite Anlauf kommt dann wahrscheinlich mit Godmode. Nix gegen Herausforderung und ich weiß, es gibt einen Skill, der einem mehr Lebenspunkte bringt, aber ich habe keine Lust wegen irgendwelcher Glückstreffer der Gegner, Streit mit der Kamera und beschissener Kollisionsabfrage einen langen Abschnitt neu spielen zu müssen.
    Wie diesen einen Kampf, indem man jemanden beschützen muss (IMMER eine dumme Idee in Spielen, nix ist bekackter als eine Escort Mission). Was tut der Idiot? Wirft sich hinter eine Deckung MITTEN IM OFFENEN LEVEL und BLEIBT DA!!! Während ich versuche zu überleben und mit übelst verreißenden Waffen und GAMEPAD aufzuräumen, stellt sich einer der Gegner vor den Typen und schießt den in aller Ruhe um. Er bewegt sich ja nicht.
    Das letzte Mal, wo ich sowas erlebt habe, war als einer meiner Fremen zwei Türme und einen Panzer der Harkonnen auseinander genommen hat, weil ihn keiner gesehen hat. Gut, mit der Pistole brauchte der etwas, aber stete Kugel hölt den Beton.

    Ich habe den Kampf ca. 15 Mal wiederholen müssen, bis ich und der Idiot durch Zufall überlebt haben. (Er dürfte ca. 2 Lebenspunkte gehabt haben…)

  3. Also ich habe die gepatchten Kotor2 und NWN2 wirklich genossen, auch wenn es hier jede Menge Ecken und Kanten gab.
    Ich vermute ähnlich wird es mir auch mit AP gehen.
    Da werden sich öfters mal Frust und Genuß die Hand geben, aber ein bisschen Leidensfähigkeit braucht man als Gamer schließlich auch 😉

    @ Harzzach
    Das gute Gefühl von früher wird wohl nie mehr in dieser Form wiederkehren. Aber mit Geduld, Muße, Eifer und Neugier ohne dabei zu voreingenommen zu sein und überhastet die Flinte ins Korn zu werfen, kann man immer noch jede Menge Spaß an weniger innovativen und fehlerfreien Spielen haben.

  4. Ich muss gestehen, ich hatte bereits mit dem Gedanken gespielt mir AP zu zulegen. Wenn ich jetzt jedoch höre, dass selbst Leute, die in Punkto Savepoints relativ gnädig und nachsichtig sind, bisweilen Zähneabdrücke in der Tischkante hinterlassen, weil es einfach zu arg geworden ist … dann halte ich besser meilenweiten Abstand von diesem Titel.

  5. Grr, AP…
    Ich habe ja die Hoffnung immer noch nicht aufgegeben, dass mal wieder ein netter Schleich-und-Hack-RPG-Shooter-whatever kommt. Das hat zumindest bei Dingen, wie Deus Ex (Tschuldigung, Blasphemie) oder Thief immer am meisten Spaß gemacht.
    Deshalb mal schnell AP angetestet und nach kurzer Zeit entnervt wieder von der Platte geworfen.
    Die Steuerung per Maus ist ja nicht nur schlecht, sondern katastrophal. Entweder zu träge, oder zu zackig, manchmal beides im schnellen Wechsel. Die Minispielchen sind zwar nett, aber das Knacken eine Türschlosses krieg ich mit der Maus einfach nicht hin.
    Wie kann man Millionen in die Produktion eines Spiels stecken und dann nicht merken, dass so simple Basisdinge, wie das Verhalten der Maussteuerung vorne und hinten nicht passt.

    Naja, schade drum. Hätte echt Potential gehabt…

  6. Besser wär. AP bricht genau in dem Moment völlig zusammen, an dem [quote=“goldständer“]Jetscht beginnt die wilde Ballerei[/quote].
    Wobei ich mir habe tippen lassen, dass es wohl eine Möglichkeit geben soll, ohne Kämpfe auszukommen. Bis auf drei Missionen wohl.
    Gibt da wohl einen Bonus (Oder Achievement), wenn man alle Missionen schafft, ohne dass auch nur ein „Gegner“ die leise Ahnung hat, dass man überhaupt im Level war. In drei Missionen ist die Haltung der NPC allerdings getriggert.
    Allerdings kann das auch daran liegen, dass ich nicht auf Ballern geskillt habe. Andere Quellen berichten von völlig übermächtigen Skills mit dem Sturmgewehr.
    Vielleicht habe ich aber auch das alte Mass Effect 1 Problem. Es ist kein echter Shooter, kann also auch als solcher nicht funktionieren. Die Waffenskills haben ja auch dann erst Sinn, wenn man die Fähigkeit des Spielers (Einen Mauszeiger in Form eines Fadenkreuzes über das humanoide Icon zu schieben und die Auswahl mit einem Linksklick zu bestätigen) aushebelt.
    Das wäre völlig akzeptabel, wenn das nicht dazu führen würde, dass man eigentlich schon den „Laden“ Button drücken darf, sobald man von mehr als zwei Leuten entdeckt wird. (Siehe auch: Speicherpunkte).

    Und auch die Speicherpunkte. In einer Mission habe ich mir gedacht „Scheiss drauf, lauf zum Ausgang!!“. Ging auch ganz gut, nur… da war kein Ausgang. Tod – Laden. Beim Sprinten bin ich wohl über einen Speicherpunkt gestolpert, ich stand dann vor dem, was ich für einen Ausgang hielt und der Abschnitt hinter mir, durch den ich mich hätte schleichen sollen, war leer. So einfach kann das sein.
    (Klappt aber nicht immer. Meist sind die Speicherpunkte hinter Türen, die sich aus geheimnisvollen Gründen unknackbar selbst verschließen, sobald ich durch bin. Backtracking ist in dem Spiel nicht, was wieder ein großer Minuspunkt ist.)
    Ansonsten „leih“ es Dir mal aus, auf Deine Meinung wäre ich gespannt. Bei mir kann mich die Story (und ihre Präsentation) noch genug begeistern, die störenden Missionen dazwischen zu ertragen.

  7. Frage Dich nicht, wie eine Firma Millionen in die Produktion, blablabla, sondern warum das ALLE machen!!!
    Seit UT3 sind Unreal 3 Engine Spiele zu 90% in der Maussteuerung verbockt. Und ich wenn ich das richtig im Kopf habe gehörte UT3 in der ersten Version da durchaus noch zu.
    100% dieser Spiele sind Konsolenports. Da werden dann auch keine Mios mehr reingesteckt. Irgendwie hatte ich das im Urin und hab AP erst gar nicht mit der Maus angefangen. Kann aber auch daran liegen, dass ich kurz davor Batman Arkham Asylum gespielt habe. Da war die Maus auch nicht optimal. Das ganze Gameplay ist auf Pad ausgelegt. (Ist auch eher ein Prügel Jump ’n‘ Run.)

  8. Warum gibst du nicht Mass Effect nochmal eine Chance? Grad die Welt ist einfach toll. Wenn man in der Beschreibung zu dem Mond auf dem eine Nebenmission stattfindet von einem rießigen Canyon auf dem Planeten liest, den der Mond umkreißt und dieser mehrere Millionen Jahre alt ist und es vermutet wird, daß dieser auf ein rießiges Projektil zurückzuführen ist, dann ist das toll. Wenn man dann auf dem Mond ist, nach oben schaut und eben diesen Planeten am Himmel sieht, und die Furche sieht, dann ist das supertoll.
    Und wenn eben darauf im zweiten Teil nochmal zurückgekommen wird, und man etwas mehr erfährt, dann ist das einfach unfassbar toll.
    Alles IMHO natürlich. 😉
    https://seniorgamer.wordpress.com/2008/05/30/mass-effect-kurzeindrucke/#comments
    Da habe ich vor ein paar tagen was zu Mass Effect geschrieben, bzw zu der Stelle, an der du in die Tastatur gebissen hast.

  9. Warum gibst du nicht Mass Effect nochmal eine Chance?

    Wenn die Zeit gekommen ist 🙂

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