Beleidigte Leberwurst

Davon gibt es seit zwei Tagen auf jeden Fall deren zwei.

Die eine bin ich, hat sich doch durch die vorhin stattgefundene Online-Pressekonferenz bestätigt, dass ein gewisses Download-Portal nicht seine Pforten schliesst, sondern nur einen, hahaha, total schlauen Marketing-Gag abgezogen hat, an dessen Auswirkungen dieser Dienst noch erheblich zu schlucken haben wird, muss man doch wieder erst eine neue Kundenbasis aufbauen, nachdem die alte wohl größtenteils stinkig und beleidigt fern bleiben wird. Das Feedback auf den diversen Internet-Kanälen besteht zumindest nach meinem Eindruck größtenteils aus Wut, Verärgerung, gemischt mit wenigen Sprenkeln Erleichterung.

Die andere Leberwurst ist jemand, der Leberwurst allerhöchstens nur aus dem Deutschland-Urlaub kennt, wenn überhaupt. Darum gibt der ehrenwerte Yoshinori Ono-san, seines Zeichens Producer der StreetFighter-Serie, die beleidigte Soba-Nudel, und begründet den Umstand, dass es den nächsten Teil von Capcoms Traditions-Serie nur für Konsolen geben wird, nicht für den PC, mit dem Vorhandensein von unlizensierten Kopien der PC-Version. Nein, nicht mit schlechten Verkäufen wegen diesen Kopien, den damit sei man tatsächlich sehr zufrieden gewesen. Sondern weil es Kopien gibt und man nicht bereit ist, das Spiel kostenlos zu verteilen.

Abgesehen davon, dass es SF natürlich auch als Kopie für die 360 (und Wii?) gibt und sich die PS3 trotz des Bios-Update-Kleinkrieges zwischen Hackern und Sony nun ebenfalls Club-Mitglied geworden ist … abgesehen davon, dass die Umsätze der PC-Version allem Anschein nach zur Zufriedenheit Capcoms ausgefallen sind … abgesehen davon, dass Steam als Exklusiv-Dienst für den PC auch nicht in Frage kommen würde (sehr löblich), ganz unabhängig davon, dass Steam auch keinen Schutz gegen Kopien darstellt … abgesehen von all diesen Dingen, mit denen man Ono-sans Aussagen in Windeseile in der Luft zerreisen könnte, der gute Mann ist einfach nur beleidigt, weil er nicht mit dem Umstand klarkommt, dass man unlizensierte Kopien und die unkontrollierbare Verbreitung unlizensierter Kopien akzeptieren muss, wenn man im Digitalen Zeitalter Geld verdienen will, besteht der einzige Schutz gegen Kopien doch darin, nichts zu veröffentlichen, kein Geld zu verdienen.

Und so wird es für den PC keine Kopien von Super Street Fighter IV geben. Weil es, als unknackbares DRM, schlichtweg kein Super Street Fighter IV für den PC geben wird. Weil Capcom freiwillig auf die PC-Umsätze verzichtet, damit Ono-san und seine Vorgesetzten sich nicht mehr in ihrer Ehre angegriffen fühlen müssen.

Ehre! Wird nach meinem bescheidenen Dafürhalten maßlos überschätzt und in der Regel auch stets zum falschen Zeitpunkt, aus den falschen Gründen ins Spiel gebacht. Die Welt wäre für uns Menschen ein glücklicherer Ort, wenn wir uns selbst nicht so fürchterlich ernst nehmen würden und “Ehre” doch bitte zusammen mit “Integrität” benutzen, anstatt “Ehre” ständig als Ausrede für eigene charakterliche Defizite zu mißbrauchen.

19 Kommentare zu „Beleidigte Leberwurst

  1. Dieser Ono-san ist ja eine fürchterliche Mimose.
    Meinethalben kann er seine Spiele komplett für sich behalten, denn von so einem Fatzke würde ich sowieso nichts kaufen 😀

  2. Also ich gehöre zur „alten“ Kundenbasis von GOG und werde nicht beleidigt und stinkig fernbleiben. Schließlich weiß ich immer noch was „100 % DRM free“ bedeutet. Ich brauche GOG nicht mehr, wenn ich den Kram erst einmal heruntergeladen habe. Wenn Rapidshare irgendwann dichtmacht, bin ich ja auch nicht traurig. 😉

    Aber das Geschrei, wenn Steam irgendwann eingestellt wird, um die Leute mal wieder zum Kauf neuer Spiele zu animieren, das will ich mal hören. Das wird erheblich lustiger, weil die Funktionsfähigkeit aller Titel unmittelbar an diesem Rotzclient hängt. 😀

  3. Es wäre auch lustig gewesen, wenn Valve die Steam-Server für ein paar Tage runtergefahren hätte, nur um in einem Anfall schlechten Humors den neuen Client zu promoten 🙂

  4. Ich bin auch GOG-Kunde und werde es auch bleiben. Ich kann mit denen mitfühlen, die gerade erst Spiele gekauft hatten und nun nicht herunterladen konnten, oder die nach dem Motto „kann ich ja dann downloaden, wenn ich es brauche“ viele Spiele schon gekauft, aber (noch) nicht heruntergeladen hatten. Man hätte die Seite einfach weiterlaufen lassen sollen, und die große Änderung für „in ein paar Tagen“ ankündigen. Meinetwegen auch mit der Aufforderung, doch schnell alles zu laden, weil es dann hinter (angeblich) nicht mehr da ist. Das hätte sich genauso im Internet verbreitet, aber niemand wäre zu Schaden gekommen.

    *Vielleicht* bringt es aber Einigen auch ins Bewusstsein, welche Verantwortung man als Kunde digitaler Güter trägt (für sich selbst). Wenn man keine Datenträger mehr beim Kauf bekommt, muss man eben selbst sichern. Die durch das Nichtvorhandensein von DRM der Spiele vorhandene theoretische Freiheit, ein Programm auch noch nach 15 Jahren auf dem über-über-übernächsten PC (mit hoffentlich kompatiblen Windows) von der 4. Generation der Backupplatte zu installieren, kann eben unter ungünstigen Umständen auch mit dem Äquivalent einer kaputten Disk enden.

    So sehr ich die Gängelung und Bindung an ein Online-Konto bei Singleplayerspielen hasse, so wenig kann ich sagen, ob in 10 Jahren die dann aktuelle Hardware noch mit den heutigen diskbasierten Kopierschützen umgehen kann, oder ob bei der Entwicklung der 10-schichtigen X-Ray-Disc die Kompatibilität zu solch alten Standards unter den Tisch fällt. Dann mag die Steam-Version eines Spiels zukunftssicherer sein als die Diskvariante, die TAGES o.ä. aufweist.

  5. Hallo Harzzach. Ich bin eher ein stiller Leser deines Blogs. Ich wollte lediglich anmerken, dass ich von vornherein gewusst habe, dass du eben diese News bzgl. der Aussage des Capcom-Mitarbeiters verlinken würdest. Deswegen bitte ich darum, folgendes zu beachten:

    „Sondern weil es Kopien gibt und man nicht bereit ist, das Spiel kostenlos zu verteilen.“ – Das ist schlichtweg falsch, und ich will dir nicht auf den Schlips treten, genau das dachte ich mir, dass du eben sowas schreiben würdest. Die Betonung lag, wie in der News zu lesen, darauf: „Der PC sei eben die Plattform mit dem größten Piraterieproblem.

    Außerdem, und das ist mir wichtig: „Capcom […] könne den Umstand nicht hinnehmen, dass das Spiel auf irgendeiner Plattform als kostenlos wahrgenommen wird.“ Und ich bin da ausnahmsweise einer Meinung. Wie ich auch schon in eben jenem Diskussions-Thread der News bei 4Players kommentierte: mich kotzt diese gewisse „Kostenlosmentalität“ vieler PC-Spieler eigentlich eher an. Ich selbst vermute lediglich, dass er sich zu dieser Aussage hinreißen lies, weil SF4, wenn man wirklich ehrlich ist, eher weniger für PC geeignet ist, und dort dementsprechend prozentual diesmal weniger verkauft als geladen wurde.

    Und das mit den Verkaufszahlen ist eine reine Vermutung – du hast schließlich auch nicht an der Stelle die Relation aufgezeigt bzw. gar irgendwo verlinkt: „abgesehen davon, dass die Umsätze der PC-Version allem Anschein nach zur Zufriedenheit Capcoms ausgefallen sind“ Doch ich denke, ich bin lange genug Leser, um mir die Antwort bereits denken zu können: dafür gibt es keinerlei richtige Belege bzw. Statistiken und niemand kann das Gegenteil beweisen, dass Kopien nicht unter Umständen sogar förderlich sind. …oder sowas in der Art.

    Ich bleibe natürlich trotz solcher kleinerer Meinungsverschiedenheiten ein treuer Leser, wollte mich nur ausnahmsweise versuchen kritischer zu äußern.

  6. Zumindest laut der Gamestarnews hat sich SF4 auch für den PC sehr gut verkauft. Und mal ehrlich, wer ein Beat’em up auf den PC bringt und sich über mangelnde Verkaufszahlen aufregt ist selber schuld. Und ich hab genauso ein Problem mit der Geiz ist Geil Mentalität, aber ich kann nur so einkaufen, ich bin nun mal Schüler. Und wie viele PC-Spieler sehen ihre Plattform bzw. die Spiele darauf als kostenlos an? Jahrelang hat man möglichst alle Jugendlichen zu den Konsolen getrieben und jetzt spielen fast nur mehr Ältere am PC, die den ganzen Kram nicht kaufen, die wenigen Jungen laden sich das ganze, weil sie kein Geld dafür haben. Der PC wurde eine längere Zeit als Spieleplattform kaputt gemacht, das war schon geplant so.

  7. In der englischen Originalmeldung sagt Ono-san, dass man mit den Verkaufszahlen von SF-PC sehr zufrieden war.

  8. Street Fighter ist mir ja ziemlich egal. Aber die Add-Ons zu Resident Evil 5 könnte CAPCOM endlich mal zu PC bringen!

  9. Damit man sie Capcom klaut? Nenene, so geht das ja nicht (mit einem Blick zu zB. DLC-Warez für Dragon Age- oder Borderlands-360 schielend) 🙂

  10. Ein Anfall schlechten Humors? Vielleicht. Der Unterschied zwischen gog und Valve ist aber, dass erstere immerhin die Traute haben, diesen auch zu zeigen. Wie Ingix weiter unten ganz richtig feststellt: schöner konnte man den Steam-Fans (vor allen in den Staaten) nicht vor Augen führen, welchen Pferdefuß die ganze Geschichte hat. Da hat gog etwas getan, wovor sich Valve bei Steam hüten würde, wie der Deibel vorm Weihwasser: den Leuten reinen Wein einzuschenken. Im Grunde war das Ganze doch ein soziales Experiment im reinsten Goffmanschen Sinne. Situationismus pur. Klar, „to be an object of research is never pleasing“. Aber ich für meinen Teil bin in der Rückschau sehr dazu geneigt, gog eher dafür dankbar zu sein, mir vor Augen geführt zu haben, WIE groß meine Paranoia bezüglich der Zukunft von Software-Distribution unterdessen geworden ist.

    Und noch eins: Man hört ja immer wieder von konservativer Seite, das Internet würde die kulturellen Unterschiede plätten usw. blub, blub, blub. Nun, auf dem Facebook-account von gog diskutieren sie gerade unter anderem über die feinen Unterschiede zwischen „polnisch-europäischem“ und „amerikanischen“ Humor. Da lacht das Herz des Kulturforschers.

  11. Btw. noch lachhafter ist, das es von Super Street Fighter eine PC Version geben wird, nämlich die für die Spielhallen, da laufen nämlich einige Geräte mit Windows – wer sich jetzt an BlazeBlue erinnert fühlt, welches ja für den PC auch nur kommt, weil man eben jener Spielhallenversion als Szenerelease etwas entgegen setzen musste, kann sich in etwa ausmalen, worauf ich spekuliere.

  12. Daran sieht man schön, was passieren kann, wenn man wie das Kaninchen vor der Schlange sich von Kopien paralysieren lässt: Entgangene Geschäfte, verärgerte Kunden und verpasste Geschäftschancen. Anstatt das zu tun, was jeder tun muss, der digitalen Inhalt verkauft: Sich auf den zahlenden Kunden zu konzentrieren, denn nur DIESER bringt Geld. Kopien verhindern bringt kein Geld. Es bringt nur Ärger.

  13. Harzzach, hier ein schöner Link zu einem Bildchen, dass denke ich das Zeug hat, in die Analen von was auch immer einzugehen:

    Man hat ja schliesslich auch eine Chronistenpflicht.

  14. Das ist kein Entschuldigen, sondern ein vorbereitetes Marketing-Produkt, eine Werbe-Kampagne. „Sich für etwas entschuldigen“ hat damit nicht einmal ansatzweise etwas zu tun.

    Es hat schon seinen Grund, als während einer großen Entlassungswelle bei einem früheren Arbeitgeber jemand sehr treffend meinte, dass die Sache ja schon beschissen ist, aber man doch froh sein sollte, dass all diese hohlen Hupen und Dampfplauderer aus dem Marketing nun ebenfalls auf der Strasse sitzen.

    Ich kann Werbung als notwendige Maßnahme in unserer Überflusswirtschaft so eben ertragen. Ich kann die eine gute Werbung in all den Massen unerträglichen Schrunzes sogar als handwerklich gutes Produkt wertschätzen. Größtenteils verabscheue ich jedoch Werbung, wenn sie anfängt mir auf den Sack zu gehen. Die Strategie von GOG.com, mangels eines großen Werbebudgets massiv auf Konfrontation und Provokation zu setzen, ist das der Gipfel all dessen, was ich an Werbung hasse wie die Pest.

    Man entsinne sich vielleicht der Schock-Kampagne von Benetton vor vielen Jahren? Hat den Bekanntheitsgrad der Firma IMMENS gesteigert. Den Umsatz jedoch nicht, das Image wurde beschädigt. Sprich, ja, man redet derzeit in Gamer-Kreise viel über diesen Dienst und seine Kampagne. Aber ob das ihnen was nützt? Ich bezweifle es. Kunden zu verärgern rentiert sich nur selten. Vor allem nicht dann, wenn der Kunde mit einem Mausklick einfach zum nächsten Angebot gehen kann …

  15. echt? merkwürdig. bei mir klappts. hm. vielleicht weils sich noch im cache befindet? ach, keine ahnung.

    Beschreib ichs halt: Denk dir zwei Teddy-Bären von hinten in Lagerhaus-Arbeiter-Latzhosen, einer auf der Leiter und einer am Boden, die an einer gelblichen Leinwand werkeln, auf der: „gog.com will be back soon :)“ geschrieben steht.

    Nun stell dir dazu eine zwischen irrem Lachen und ohnmächtiger Wut pegelnde User-Gemeinde vor, die von ca. 14:05 – 14:30 Uhr auf eben jenes Bildchen starrt, wo ja eigentlich seit fünf Minuten das runderneuerte GOG-Portal laufen sollte.

    Wie man so sagt: Episch!

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