Zeitenwechsel?

Auch wenn sich Valve aus nicht immer klaren Gründen mit Zahlenmaterial zu Steam zurückhält, so lassen aus derzeit über 30 Mio. aktiven Accounts (Oktober 2010) schon Rückschlüsse darüber ziehen, was PC-Spieler mehrheitlich mögen und was eher nicht.

Und schaut man derzeit in die TopTen-Verkaufscharts von Steam, so bietet sich einem folgendes Bild:

Unter den ersten fünf Titeln befinden sich vier (!) Indie-Titel, von denen nur zwei im Rahmen eines Special-Deals im Preis niedriger angeboten werden, während der einzige Vertreter der etablierten Majors auch nur dort steht, weil er ebenfalls Teil eines Special-Deals ist.

Was lässt sich daraus nun ableiten?

  • Preissenkungen sind ein probates Mittel, um den Umsatz anzukurbeln. (Ja, alter Hut! *gähn*)
  • Steam ist ein extrem wichtiger Vertriebskanal für Indie-Studios.
  • Indie-Spiele werden nicht nur immer populärer, sie sind mittlerweile (zumindest auf dem PC) populärer als die Titel der Majors.

Gut, man könnte natürlich sagen, dass dies eine nur kurzfristige Ausnahme ist, dass diese Liste in den ersten zwei Releasewochen eines Major-Shooters wie zB. Brink, Crysis 2 oder den nächsten CoD-Titeln wieder ganz anders aussehen wird. Natürlich wird diese Liste dann anders aussehen. Aber wie schaffen es vier unbekannte Indie-Titel, einer davon schon in Spielebranche-Relationen uralt und angeschimmelt, deren vereintes Marketingbudget wahrscheinlich nicht einmal ansatzweise die Boni-Zahlungen an die Produkt-Manager der CoD-Serie bei Activision ausmachen wird, an die Spitze der Steam-Charts zu kommen?

  • Es wird dafür kein Marketing gemacht, denn einfach nur eine Webseite ins Netz stellen und was auf Facebook und bei Youtube posten bedeutet ja noch lange nicht, dass nun die Massen nur so vorbeiströmen.
  • Die Produktions- und Schauwerte dieser Spiele sind gegenüber den Vertretern der Majors minimal. Mit „Boahh ey, goile Screenhots und Videos!“ fängt man hier keinen einzigen Fisch.
  • Es findet sich in der einschlägigen Presse (Print wie Digital) so gut wie nichts über diese Titel. Zumindest nichts, was diesen Erfolg erklären könnte.

Was also ist hier passiert?

Ich würde sagen … immer mehr PC-Spieler sind aus dem typischen Wahrnehmungsraster der Großindustrie gefallen und haben mangels Angebot von dieser Seite gelernt, sich anderweitig umzuschauen, ihren Spielebedarf mit Indie-Titeln zu decken, da ihr Geschmack und ihre Wünsche von den Majors nicht mehr bedient werden. Was vor einigen Jahren nichts weiter als Spekulation und zugegebenermaßen von meiner Seite aus auch Wunschdenken war, scheint sich nun manifestiert zu haben.

Auch andere Berichte und Veröffentlichungen zu den Umsatzströmen auf der PC-Plattform legen den Schluss nahe, dass die klassische Retail-Vertriebsschiene auf dem PC immer unwichtiger wird, dass die Konzentration der Majors auf das größere Marktsegment „Konsolen“  und der Rückzug vom PC als wichtige Umsatzplattform kleinen, unabhängigen Anbietern erst die Möglichkeiten und Freiräume geboten haben, dem trotz massivem (!) Marketing seitens der Majors immer noch unveränderten Geschmack der Kundschaft entsprechende Angebote zu unterbreiten, welche diese natürlich immer öfters annehmen.

Dennoch würde ich nicht von einem Zeitenwechsel oder gar Paradigmenwechsel sprechen. Weder werden dadurch die Majors von der Bildoberfläche verschwinden, schliesslich wird man im Konsolenbereich auch weiterhin Abermilliarden verdienen können. Noch gab es massive Veränderungen im Kundengeschmack, denn wer früher gerne und hauptsächlich typische PC-Spiele auf dem PC gespielt hat, wird dies heute höchstwahrscheinlich auch immer noch tun wollen. Es ändert sich nur die Art und Weise, wie Spiele auf dem PC produziert, angeboten und vertrieben werden, es ändern sich die Namen von Anbietern und Firmen und die Art und Weise, wie das Geld vom Kunden zum Anbieter fliesst und die Ware vom Anbiter zum Kunden kommt.

Mehr ist da nicht passiert.

Was aber natürlich nicht heissen soll, dass diese Änderungen unwichtig und bedeutungslos wären oder ich mich möglichwerweise darüber nicht freuen würde (ganz im Gegenteil!). Aber das ist keine Revolution, keine grundsätzliche und tiefgehende Veränderung im System.

Es ist nur Evolution!

Denn Gott hat den Indie nicht innerhalb von sieben Tagen einfach so aus dem Nichts erschaffen. Niemand hat da irgendwas aus dem Boden gestampft. Es ist nur das passiert, was man als Evolution beschreibt. Anpassen, verändern, reagieren. Schrittweise, einer nach dem anderen und jederzeit mit der Möglichkeit, dass sich alles doch anders entwickelt wie erhofft, gedacht, befürchtet. Denn Veränderung ist die einzige Konstante im Universum und frei nach Albert Einstein bin ich mir selbst da nicht sicher! 🙂

19 Kommentare zu „Zeitenwechsel?

  1. Die Lösung ist so banal wie einfach: Diese Indietitel bekomme ich nur auf Steam, während ich bei es Majors noch über den ganz neu etablierten Kanal des physikalischen Datenträgers bekomme.

  2. Die Frage ist in diesem Zusammenhang nicht unbedingt, WO ich ein bestimmtes Spiel herbekomme, sondern WARUM will ich mir dieses und nicht ein anderes Spiel kaufen?

  3. Es freut mich übrigens wirklich, dass Steam sich hier zu einem (zumindest ansatzweise) „Gutem“ mausert. Es scheint für die Indies eine wirklich gute Platform zu sein, ihre Software unters Volk zu bringen und nebenbei auch noch genug zum Überleben zu verdienen. Ich kenne zwar die Gebührenordnung von Steam für IndieStudios nicht, aber es muss für die ja akzeptabel sein, sonst würden sie es nicht machen.

  4. Alleine aus dem Umstand, dass ein Indie-Titel auf Steam vertreten ist, lässt sich noch lange nicht schliessen, dass Valve fair mit Indies umgeht 🙂

    Steam hat eine enorme Reichweite und Valve könnte die Indies theoretisch ohne Ende auspressen, gerade weil es keine andere Plattform mit dieser enormen Reichweite gibt. Die Zukunft wird zeigen, wie Valve seine Marktführerschaft in diesem Bereich nutzen wird.

  5. a) Der Punkt gilt schon. Steam ist für diese Indies der Hauptvertriebskanal, für die Großproduktionen eher nicht, denn dazu ist Steam preislich außerhalb der Weekend und Holiday Deals zu schlecht aufgestellt.
    b) Die Indies werden über Steam selbst durchaus ausreichend beworben, nicht nur per Web oder Facebookseite.
    c) Magicka steht nicht nur auf Platz 1, weils ein tolles Spiel ist (und im Moment aufgrund der Auslastung im Multiplayer genauso oft zusammenbricht wie Spiele der Majors auch), sondern weils da bis vor kurzem einen Special Deal gab.
    d) Schauwerte: Indies wie Magicka sehen aber auch alles andere als schlecht aus! Ist noch gar nicht lange her, da waren Vollpreisspiele über diese Optik froh.
    e) Finanzen: Von dem Geld, das ein einziger AAA-Titel kostet, kauft man locker 5 Indietitel.
    f) Beides schließt sich nicht aus. Ich habe Magicka gekauft, weils super ist, nicht weil ich „von den Majors nicht mehr bedient werde“. Das werde ich durchaus. Das Schlüsselwort ist Koexistenz.

  6. Ich vermute auch, dass der Preis ein ganz wesentliches Kriterium ist. Bei geringen Preisen ist man eher bereit, einfach mal etwas auszuprobieren. Wobei es mir auch dann nicht in den Kopf geht, dass Serien wie „Landwirtschafts-Simulator“ erfolgreich sind….

    Auch steht bei den indies die Spielmechanik bzw Kreativität deutlich mehr im Vordergrund, als die Grafik. Das Angebot ist deutlich vielfältiger, als man es von den Vollpreisspielen gewohnt ist. Ich habe jedenfall skaum eine Veränderung in der Spielmechanik wahrgenommen in der letzten Zeit.

    Ich stimme zu, dass man durchaus Indie- und Major- Titel spielen kann und sich nicht auf eines beschränken muss oder sollte. Es gibt ja einen Grund, dass sich bestimmte Spielmechaniken durchgesetzt haben.

  7. Oh,Penny Arcade Adventures auf Platz 5.
    Freut mich,mit deren derem bitterböser Humor und abgefahrener Story (im positiven Sinne) können es 20 Tipple-A Blockbuster zusammen nicht aufnehmen.
    Verständlich,die sollen ja auch „massenkompatibel“ (oder was die BWLer in den Führungsetagen darunter verstehen) sein.
    Nur schade das die Serie noch 2 Episoden eingestellt wurde.

  8. Nachtrag:
    Mein Gott ich brauch ne neue Tastatur,meine alte „verschluckt“ ja die Hälfte der getippten Buchstaben.
    Korrekturlesen – wtf

  9. Du machst anscheinend auch schon den Fehler, dass du grundsätzlich alle Games, die nicht von einem Major stammen oder ausschließlich auf einer digitalen Plattform zum Vorschein treten, als „Indie-Titel“ bezeichnest. Magicka ist jedenfalls KEIN Indie-Titel.

  10. Natürlich ist das die Frage, zumindest ein Aspekt davon. Wenn ich einen der genannten Indietitel haben möchte, bleibt mir oft nur Steam. Wenn ich etwas von EA möchte, ziehe ich meine warmen Schuhe an und gehe in die Stadt. Die Majors haben einfach noch andere Vertriebskanäle als Steam, die natürlich in Steams Statistik nicht erfaßt werden.

  11. Hab mir Penny Arcade geholt und muss sagen: lang nicht mehr so böse gegrinst beim zocken. Das Spiel strotzt ja nur so vor Anspielungen und bösen Seitenhieben. Habe die Kurzcomics früher gerne gelesen, instofern ists vielleicht auch ein wenig Schwelgerei?
    Fand das Spiel jetzt auf Anhieb sogar besser als einige der SamnMax Episoden, die ich auch alle gezockt habe bzw noch am zocken bin…
    Sehr schönes Stück Software – werde es meinen Kumpels glatt per Steam schenken, sonst verpassen die was.

    Übrigens: so wie ich die Sache mit Episode3 lese, ist die Sache nur aufgeschoben, weil sich Teil 2 nicht so gut verkauft hat und „DeathSpank“ erstnak mehr Erfolg versprochen hat… also besteht noch Hoffnung; evtl wenn jetzt viele Teil 1&2 kaufen 😉

  12. Bevor man sich der Illusion hingibt dass es so etwas wie den Sieg des guten Geschmacks gibt bedenke man dass, zumindest hier in Deutschland, es Titel wie „Agrar Simulator“ immer wieder in die Top Ten der Abverkaufcharts schaffen.

  13. Meh. Bestimmt alle vom jeweiligen Publisher künstlich gepusht. Kenne niemanden, der so ein Teil jemals gespielt hätte, nicht mal als Raubmordkopie.

    Indie Titel sind am kommen, weil sie Nischen bedienen, die die „Großen“ mit ihren Mainstreamprodukten nicht mehr im Blickfeld haben.

    Ich glaube auch, die Käuferschicht ändert sich. Früher™ bildeten noch hauptsächlich Kinder und Jugendliche die Käuferschicht. Heute sind die erwachsen, und spielen immer noch. Nur haben sie zum Einen mehr Geld, zum anderen weniger Zeit und vor allen Dingen keine Lust, die wenige Zeit mit irgend einem angepassten, schon 1000mal dagewesenem Mist zu verplempern. Da greift man dann lieber zum vielleicht etwas kürzeren, etwas weniger pompösen Indietitel, der einem aber dafür die Emotionen gibt, die man will.

  14. „Kenne niemanden, der so ein Teil jemals gespielt hätte, nicht mal als Raubmordkopie.“

    … könnte daran liegen, dass der Standard-Zocker nicht die Zielgruppe solcher Software ist.
    Davon mal abgesehen, wie kommt es eigentlich, dass immer wieder auf solcher Software rumgehackt wird? Niemand wird gezwungen so etwas zu spielen oder zu benutzen. Es wird eine Zielgruppe bedient die genau so etwas möchte, Spiele die sich um Berufe drehen, welche keine Leichen, Gemetzel, Blutlachen, aufgeplatzte Köpfe usw als Kernelement haben.

    Leben und leben lassen -> Spielen und spielen lassen.

  15. Indietitel erscheinen nicht nur über Steam, auch bei X-Box Live gibt es eine reichhaltige auswahl an Spielen.

    ICh habe mir letzte Woche Aurora downgeloaded von der Website des Programmiererrs…ging prima per pay-pal

  16. Ich hacke nicht, ich bemerke mit zynischem Grinsen. das ist etwas gaaanz anderes.

  17. Man sollte sich die Releasdaten genauer anschauen. Alle Indie-Titel in den Top Ten sind innerhalb der letzten Woche erschienen. Dagegen befinden sich in den Top Ten (leider auf deinem Bild nicht zu sehen) Mainstreamtitel wie CS: Source, Battlefield, Civ5 oder auch ein CoD. Alles Spiele die schon einige Zeit verkaut werden, und das zum Vollpreis! Nichtsdestotrotz können Indie-Liebhaber froh über das Angebot bei Steam sein. Und außerdem werden viele Menschen durch Steam auf Indiegames gestoßen, welche sicherlich sonst nie mit diesen in Berührung gekommen wären…

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