Nachdem sich Dr. Gregory House über 8 Seasons hinweg konstant als narzisstisches Arschloch entpuppt hat, das aber trotzdem (fast) immer mit allem Recht hatte, fiel der geneigte Blog-Betreiber in ein kleines TV-Serienloch. Was jetzt schauen?
Gut, jeden Mittwoch und jeden Freitag gibt es neue Folgen von “Agents of SHIELD” und “The Big Bang Theory”. Erstere Serie bleibt überraschenderweise weiterhin interessant und letztere Serie bleibt überraschenderweise weiterhin charmant und spritzig. Aber was tun, wenn diese Serien in die Weihnachtspause gehen? Was tun bis zum Start der vierten Season von “Game of Thrones”?
Nun, aus der Harzzach’schen Spielegruft quillt der Moder schon durch die Kellertür. Moder von diesem mittlerweile fürchterlich großen Pile of Shame an unbespielten Titeln, die sich im Laufe der Jahre angesammelt haben. Ich glaube, dieser Haufen hat bereits einen Stoffwechselkreislauf auf der Basis von Faulgasen und eine rudimentäre Intelligenz entwickelt. Aber nachdem ich in den letzten Monaten erstaunlich zurückhaltend beim Erwerb diverser Neuspiele und Sales-Angebote war (meine Sammlung hat kaum noch Lücken) und ich mir allmählich eine Art Spielplan erstelle, der mir dabei hilft Brandschneisen in die aufgequollene Masse angesammelter Spiele zu schlagen, halte ich die hin und wieder nachts aus der Gruft emporkriechenden Tentakel für ein temporäres Problem, welches sich bald von selbst erledigen wird.
Bleibt also genug Freizeit, um sich durch die immer noch große Masse vielversprechender TV-Serien zu wühlen, die gemäß Sturgeons Law (90% von allem ist Mist!) als taugliche 10% vom Rest des schrunzigen Komplettangebotes abzutrennen sind. Es bleibt genug Zeit, sich GRIMM anzusehen.
“Grimm” schildert die Erlebnisse von Nick Burkhardt, einem Cop in Portland (Oregon), der eines Tages feststellen muss, dass er in der Lage ist Fabelwesen in der Maske von Menschen zu erkennen. Nick kann das, weil er ein Nachfahre der Gebrüder Grimm ist, deren Märchen in Wirklichkeit keine Sammlung von traditionellen Volksweisen sind, sondern Reise- und Jagdbeschreibungen tatsächlich existierender Doch-nicht-so-ganz-mystischer Fabelwesen sind. Doch hier hört es mit der inhaltlichen Eigenständigkeit auch auf. “Grimm” kann man gerne als Mischung von typischer Cop-Serie mit einem GANZ großen Schuß Buffy bezeichnen, da Nick als Nachfahre der Grimms auch die Verpflichtung übernimmt bösartige Fabelwesen zu jagen und einen Kopf kürzer zu machen. Mit einem kleinen Twist werden aber aus den bösen Monstern oftmals nur fremdartige Lebewesen, die einfach nur ihr Leben in Frieden leben wollen und eine Heidenangst vor dem Tag haben, an dem ein Grimm marodierenderweise ihre ganze Familie auslöscht.
Gut, alleine nur aus dieser kurzen Beschreibung klingt das alles nicht so wirklich dolle. Aber wie “Buffy” für Uneingeweihte nach einem vollkommen lächerlichen Scheißdreck klingt, so stelle ich nach zwei, drei Episoden fest, dass das Konzept von “Grimm” zwar ultradoof, die Ausführung aber mit ungewöhnlich viel Splatter und die Mischung aus halbwegs interessanten Charakteren und passendem Casting dem Ganzen den nötigen Charme verpasst, den so eine Serie haben muss. Nein, Grimm ist kein Meisterwerk der TV-Kunst. Aber es ist irgendwie … nett. Hat was. Ich ertappe mich dabei nach einer Episode gleich die nächste anschauen zu wollen. Und dann gleich die nächste. Und dann noch eine. Das Serien-Sucht-Prinzip hat ein neues Opfer gefunden.
So weit, so gut.
Was “Grimm” aber speziell für mich zu einem kleinen Vergnügen macht, das ist der Umstand, dass ich als deutscher Muttersprachler zuerst dachte, dass die blöden Amis mal wieder zu dumm sind und neben einem verballhornten, breit gequetschten Englisch keine andere Sprache beherrschen können. Denn was in der Serie nach Deutsch klingt, klingt nur nach Deutsch, ist kein Deutsch. Bei Begriffen wie Ziegevolk, Siegbarst, Hundjäger, Spinnetod oder Blutbaden als Namen für die diversen humanoiden Fabelwesen rollen sich mir nur noch die Fußnägel auf. Zusammen mit der grausamen Aussprache von US-Schauspielern, die ansonsten kein Wort Deutsch können, möchte man fremdschämenderweise fast im Boden versinken. Zum Serienstart gab es auch entsprechend Aufregung und Beschwerden durch deutsche Muttersprachler.
Doch irgendwann schnalle ich es. Das ist Absicht! Das soll nur irgendwie nach Deutsch klingen, damit es für das typische US-Publikum exotisch-europäisch genug ist, um eine bestimmte Atmosphäre aufbauen zu können. Eine Fantasy-Atmosphäre, wo die Gebrüder Grimm nicht deutsche Sprachwissenschaftler von Anfang des 19. Jahrhundert waren, sondern Jäger und Schlächter ganzer Ethnien von Fabelwesen.
Ach ja, und als in einer Folge darüber sinniert wird, dass das deutsche Wort für das englische Poison Gift ist, Gift doch aber ein Geschenk ist … da tun sich sprachpsychologische Abgründe auf. “Grimm”, ein Beitrag zum besseren Selbstverständnis von Deutschen. Wir “wir” dem Rest der Welt erscheinen. Erschreckend mitunter *kicher*
Ach ja, und dass die Reaper, eine Killertruppe aus besonders bösartigen Fabelwesen, einen ihrer Treffpunkte in … Achtung … einer Kneipe in Mannheim (!) haben, anstatt dass man coolerweise ein altes Lagerhaus und Loft am Hamburger Hafen nimmt … das ist alles soooo putzig!
In diesem Sinne … ein dreifaches Hoch auf Schrrrutzen-Schnitzel und alles andere, was für den Rest der Welt irgendwie Deutsch klingt 🙂
Spätestens beim vegetarischen Blutbaden hatte die Serie doch gewonnen 😉
Die Einzahl von Blutbaden ist Blutbad. Kannst Du etwa kein Deutsch? 😛
oh ja. grimm kann was. ist, wie du schon sagst, vom storytelling nicht unbedingt… ähm, aufregend, aber sehr unterhaltsam. ich warte schon sehnsüchtig auf staffel II 🙂
Außer dass mir das doch sehr nach einem dreisten Klau der Grundidee von Sapkowskis Hexer-Kurzgeschichten klingt, nur eben fix in die Gegenwart versetzt – ich finde es toll, was diese Kulturnation für einen Schatz an Klischees in die bunte Welt der Popkultur eingebracht hat. Wenn man sich mal den Großteil der deutschen Beiträge zur Weltgeschichte des 20. Jahrhunderts anschaut, kommen wir da doch unterm Strich ganz gut weg. Ich meine „Iron Sky“ und „Return to Castle Wolfenstein“ – da kann man kaum meckern, denke ich.
Witzig, dass du gerade heute so einen Bericht schreibst, wo doch die neue Studie über Seriensucht in der Tageszeitung stand. =)
Grimm muss ich doch ma reinschauen, bin ich doch ein großer Fan von Supernatural. Komisch dass dieser Vergleich noch nicht aufgekommen ist?
Wer sehen will wie deutsche Sprache noch so „verehrt“ wird sollte sich mal das japanische Anime Attack on Titan geben. Wo Eren Yaeger, Mikasa Ackermann und Rainer Braun die Stadt Trost gegen nackte Riesenmenschen verteidigen. 😉
Da reicht mir dann schon Neon Genesis Evangelion, wo Asuka’s japanische Sprecherin angeblich etwas auf Deutsch sagt, was ich aber nur mit Hilfe von Untertiteln verstehen kann.
Ein weiterer beitrag zur Völkerverständigung. Warum muss ich gerade an Monty Python denken…
Ich kann für’s Winterloch “Almost Human” sehr empfehlen! SciFi-Android-Cop-Buddy-Serie. Erfindet nichts neu, macht aber alles sehr gut. Stories, Darsteller (u.a. Carl Urban), Effekte und Soundtrack (von The Crystal Method!) bewegen sich auf gehobenem TV-Niveau.
Ich muss gestehen momentan von Castle gefesselt zu sein. Die Schriftsteller/Cop Mischung hat irgendwie eine ungemeine Faszination auf mich. Davon mal abgesehen müsste ich mal die neuen Staffeln Supernatural sehen. Lohnt sich das eigentlich? Irgendwie wirkte die Serie so als wäre sie mit Staffel 5 oder 6 abgeschlossen. Ich bin mir nicht mehr so sicher.
@Harzzach: hehe, JA! Wenn du hier (http://www.youtube.com/watch?v=QqjyBxv6O8U) in der ersten Sekunde: „Sie sind das Essen und wir sind die Jäger!“ verstehst, bist du ein Japanisch Profi 😉
@Boreas: Wenn du den roten Faden von Supernatural mochtest ist es sehr zu empfehlen. Die Geschichte wird noch dicker aufgetragen, zwischendurch kommen auch wieder viele Folgen nach dem alten „Wir schnetzeln jetzt ein irgendein abgefahrenes Monster“-Schema. Ich finde die Serie ist gut darin ein konstantes Niveau zu liefern. Außer Staffel 7 mit den Leviathanen wirkt irgendwie reingeschrieben, (KLEINER SPOILER:)dafür ist es aber auch schnell wieder vorbei. =)
Mein Favorit in Sachen Japaner die deutsch sprechen ist ja immernoch der Anime zu Monster, der in großen Teilen auch noch in Deutschland spielt.
Hehe, echt lustig.
Genau deine Gedanken gingen mir auch durch den Kopf, als ich Grimm geguckt habe.
Das Pseudo-Deutsch war manchmal schon peinlich.
Woge, Bauerschwein usw…alter Schwede..muss man einfach drüber weg kommen. 😉
Hat man das geschafft, dann entwickelt sich Grimm zu einer unterhaltsamen Serie, mit einem liebenswerten Cast dahinter.
Freue mich auf die nächste Staffel.
Wie schon einige Kommentare zuvor erwaehnt wurde: im Anime Bereich gibt’s vieeel zu lachen, wenn man sich die Aussprache der deutsch (gemeinten) Dialoge reinzieht. Und die Auswahl ist wirklich verdammt gross! Es gibt immer irgendwo einen von Klischees zerfressenen Wissenschaftler oder fuer Fremdzwecke annecktierte Begriffe aus der Physik und Technik, die dafuer verbraten werden, irgendetwas in einer Fantasywelt in einem Anime zu „erklaeren“. Das ist wie Magie fuer Japanische Ohren — und sorgt bei uns Zuhoerern jedesmal fuer Grimassen und Gelaechter ;).
Hallo,
ich als Serienfan kann dir noch „The Wire“ und „The Shield“ ans Herz legen.
Beides richtig gute Krimiserien.
Und vor allen Dingen richtig gute Schauspieler.
Und vor allen Dingen richtig gute Story.
Und vor allen Dingen Handlungsstränge über die ganze Staffel, nicht nur 45 Minuten.
Und vor allen Dingen, nicht diese geleckten Typen, die man in Serie 1 sieht und nach den umschalten auf Serie 2 denkt, mom da isser doch schon wieder, oder.
Schon echt nen Witz wie die Schauspieler von den „The Wire“ bei den Emmys immer leer ausgegangen sind, wird auf keinen Fall an der Hautfarbe liegen ;).
Ansonsten Kampfstern Galaktika. So Raumschiffchen…
Ansonsten… analog Bücher lesen^^
mfg
Ich würd aber beides nicht unbedingt als Krimiserien bezeichnen. Vorallem The Wire ist viel mehr. Zudem haben ja einige der Schauspieler mittlerweile ganz gute Karrieren hingelegt.
Moin,
ich würde aktuell noch auf „Lilyhammer“ verweisen (siehe auch mein Blog). Ich selbst hab es nicht ganz so mit Fantasie. Daher mit „Lilyhammer“ eine eher realistische Serie mit guten trockenem Humor.
Und für die blutigen Tage definitiv „Hannibal“
Danke für den Tip, die Serie ist wirklich nett, vor allem wegen Munroe dem Blutbad und den verballhornten deutschen Ausdrücken. Meine Favoriten wären da Badenwurst, Ziegevolk, Bauerschwein, Seltenvogel und Unbezahlbar. Ach ja und „Die Hässlichen“! 😀 Angenehm auch, dass es keine nervigen opening credits gibt. Gestern haben wir die ersten Folgen der zweiten Staffel geschaut und da scheint das Gemütliche, Liebenswerte zu Gunsten von mehr Drama und Cliffhangern nachzulassen – schade, aber die erste Staffel war wirklich … nett 🙂
PS: Bis später, alligator! 😉
Irgendwie musste ich gerade an das gute alte „Special Unit 2“ denken, besonders bei der Sache mit dem Monsterschnetzelschema ohne Richtige Handlung, dafür aber mega komisch.
Wenn dir jedoch mal langweilig ist und du etwas neues zum anschauen suchst, dann empfehle ich dir mal die Serie „Heroes“, ein Meisterwerk.