Abstand halten

Mit zu den ersten Spielen, die sich außer dem obligatorischen Half-Life 2 in meinem Steam-Account befanden, gehörte “Dark Messiah of Might & Magic” von Arkane Studios mit Sitz im mehr oder minder schönen Lyon, Fronkreisch.

Eigentlich wollte ich DMoMM (ha, acronym this!) total gut finden …

  1. Weil ich “Arx Fatalis” geliebt habe. Trotz all seiner Fehler.
  2. Weil DMoMM die Source-Engine verwendet hatte und die Source-Engine damals ziemlich angesagt war. Durchaus mit Recht.
  3. Weil es so viele verschiedene, drastische und überdrehte Arten gab einen Gegner unschädlich zu machen. Nahkampf mit blutigen Finishern, Bogeneinsatz mit Headshots inklusive mit anschließend an Wände und Möbel genagelten Gegnern, Bewerfen von Gegnern mit Fässern und anderen schweren Gegenständen, hinterrücks den Gegner vom Dach treten, den Gegner mit einem Fußtritt in ein Nagelbett oder ein offenes Feuer oder einfach “nur” die Treppe hinunter zu befördern, Tritte gegen Stützpfeiler mit anschließendem Zebröseln diverser schwerer Gegenstände auf den Häuptern unglückseliger Gegner. Ach ja, Magie gab es auch noch. Und heimtückische Meucheleien mit Dolchen.
  4. Weil DMoMM für mich das optisch schönste Spiel des Jahres 2006 war.

Ich habe dem Spiel seine greuliche Performance verziehen. Ich habe den Entwicklern verziehen, dass die Releaseversion unter aller Sau war. Verbuggt und instabil, ständige Framerate-Einbrüche und Probleme beim Start oder Beenden des Spiel-Prozesses. Weil, siehe oben.

DMoMM_01DMoMM_02DMoMM_03

Nicht verziehen habe ich dem Spiel den Umstand, dass ich gleich am Anfang, als Attentäter das Haus meines Gastgebers überfallen haben, enormen Bedarf für den God-Mode hatte. Es gab viel zu wenig Heilung, weil ich viel zu viel Schaden einstecken musste, weil ich nicht verstanden hatte, wie zur Hölle man hier einen Nahkampf gewinnt, ohne gleich etliche Liter Blut zu verlieren. Sicher, es gab einen Bogen, doch der Gegner kam nur selten alleine und KI-Kollegen war sehr schnell alarmiert. Sicher, es gab auch Ausweichrouten, doch es gab auch Stellen, wo man halt “mitten durch” musste. DMoMM war kein Thief, wo es darum ging einem offenen Kampf nach Möglichkeit auszuweichen. DMoMM war auch kein Deus Ex, wo man mit vergleichsweise geringem Waffeneinsatz und smartem Vorgehen selbst die dicksten Gegner ausschalten konnte. Mit DAS Feature des Spieles schlechthin, der sehr dynamische, schnelle und überzeugend inszenierte Nahkampf, war zu viel für mich.  Ich war so enttäuscht, dass ich selbst mit Hilfe von Cheats nicht mehr weiterspielen wollte.

Jahre später …

Mir ist fad und ich starte aus einer Laune heraus “Dark Messiah of Might & Magic”. Das Tutorial kommt und geht und es wird mit Links der Golemangriff auf Stonehelm abgewehrt. Das Spiel flutscht nur so über den Bildschirm und sieht Dank hoher Auflösungen mindestens dreimal so gut aus wie damals. Dann beginnt der entscheidende Spielabschnitt. Die Attentäter stürmen das Anwesen, meucheln die Dienerschaft und gehen mir ebenfalls an den Kragen. Der erste Gegner wird schnell beseitigt, was auch damals nicht das Problem war. Das Problem begann im Innenhof des Anwesens, den man überqueren muss, um sein Ziel zu erreichen. Der erste Gegner auf dem Innenhof wird mit einer Ladung herabstürzender Fässer ausgeschaltet. Oder einem Bogen. Das war auch nie das Problem. Das Problem mit dem Innenhof besteht darin, dass sich hier sehr schnell jede Menge Gegner einfinden, die alle vehement auf mich eindreschen. Die ersten zwei kann ich so gerade noch in die ewigen Jagdgründe schicken, doch das nächste Paar ist dann immer mein Ende gewesen. Zu hoher Blut- bzw. HP-Verlust, alle Heilmöglichkeiten ausgeschöpft. Game over!

Diesmal aber nicht. Diesmal überlebe ich den Innenhof. Und den folgenden Abschnitt. Und metzle mich durch das Gebäude bis zum Missionsziel. Weil ich endlich verstanden habe, wie der Nahkampf in DMoMM funktioniert.

Das ist kein Nahkampf, weil man sich der Hitbox des Gegners auf Tuchfühlung nähern muss, sondern das ist ein Distanzkampf mit Nahkampfwaffen. Denn ich muss den Gegnern gar nicht so sehr auf die Pelle rücken. Ich kann wunderbar zwei, drei Schritte Abstand halten. Das Schwert trifft dennoch. Auch meine Stiefelsohle landet noch mit einem dumpfen Klatschen im Magen meines Gegners, um ihn mit Karacho in den lodernden Kamin zu schleudern. Und dieser Abstand gewährt mir Zeit genug, um auf die Attacken des Gegners entweder mit Parieren oder Ausweichen zu reagieren oder die essentiell wichtige Sekunde mehr zu gewähren, um die Power-Attacke aufzuladen und auszulösen.

Warum nicht gleich so … *seufz*

27 Kommentare zu „Abstand halten

  1. DMoMM ist bei mir schon ein paar Jahre her, aber ich erinnere mich noch gut daran, daß ich das Schwert auch nicht sehr geschickt schwingen konnte. Habe dann das komplette Spiel fast ausschließlich mit dem Bogen und dem Auslösen diverser Fallen zu Ende gebracht.
    Meinen Spaß hatte ich auf jeden Fall, wobei mir der sehr stark ausgeprägte Actionfokus manchmal etwas zu eintönig wurde.

  2. Schön das Du alter Sack dem Spiel noch eine Chance gegeben hast. Ich finde das Kampfsystem gut, allerdings kann ich mir auch gut vorstellen, dass es, wenn man es falsch angeht, frustrierend wirkt. Viel Spaß!

  3. Für mich eins der Spiele mit dem besten First Person Kampfsystem. So hätte sich Skyrim entwickeln können, wenn ihnen schon Rollenspieltypische Werte egal sind.

    Ich erinnere mich noch an einen sehr harten Kampf, bei dem Magie verboten war. Da hat mein Magie/Rouge so einige Leben gelassen.

  4. Ha, DMoMM ( 😉 ) habe ich auch erst sehr spät durchgespielt und bin ebenfalls einige Tode gestorben…
    Ich bin ebenfalls den Bogen – Weg gegangen. Für diesen speziellen Kampf, in dem keine Magie erlaubt ist, brauchte ich mindestens 20 Anläufe.

    Es empfiehlt sich also wenigstens ein wenig in die Nahkampffähigkeiten zu investieren.

    Gruß
    Enrico.

  5. Sieh an, sieh an. Dann kannst Du Dich als nächstes ja mal Deinen Blockaden bei Alan Wake und Necrovision widmen.

  6. Und Jade Empire nimmst du dir dann wohl erst aus dem Grabe heraus nochmal vor 😀

  7. Ich weiß nicht, ob ich mir mein Spiele-Nachleben mit Jade Empire versauen soll, wenn ich doch mit John Romero deathmatchen kann, gegen Tod persönlich 🙂

  8. Das dümmste an dem Spiel war meiner Meinung nach der Name, denn mit den sonstigen Might of Magic Spielen hatte DMoMM kaum etwas zu tun, so dass viele Spieler enttäuscht waren, weil sie etwas anderes erwartet hatten. Dabei ist das Spiel richtig gut. Es gibt sogar einen Seilpfeil! Den gab es ja schon bei Thief 3 nicht mehr…

  9. Was für ein fantastisches Spiel. Kein wahrgewordener, feuchter Traum, aber trotzdem fantastisch. Ich habe die meisten Abschnitte, wie den aus der Demo z.B., immer und immer wieder gespielt, um ihn so fehlerlos, oder cool, oder brachial wie möglich abzuschließen – vielleicht auch nur, weil die Mechanik so fabelhaft funktioniert und einfach Spaß macht.
    Ich glaube ich weiß, was ich die Tage mal wieder spiele. Dann zum 4. oder 5. Mal durch.

  10. Ah ein geiles Spiel. Ich habs im ersten Anlauf auch nicht durch gespielt. Aber im zweiten Jahre später und nach einer großen melancholischen Phase das es ja keine Spiele wie Arx Fatalis mehr gibt. Und was hatte ich Spaß. Bis zum Ende! Obwohl da nochmal echt schwere und frustige Passagen kommen; der letzte Level ist wieder fast zu leicht. Egal. Ich glaube ich verfalle gerade in Melancholie darüber, dass es keine Spiele wie DMoMM mehr gibt… buhuhuhu….

  11. @Rollenprinz: Thief 3 besitzt meiner (verpeilten) Erinnerung nach noch Seilpfeile. Ließen sich sogar kreativ einsetzen. Anders als in Thief 4. Dort kann man glaube ich nur auf leuchtende, vorgefertigte kleine Seilpfeilfestsetzstellen schießen.

  12. @Boreas: Das stimmt nicht, der Seilpfeil wurde bei Thief 3 durch die Kletterhandschuhe ersetzt.

    DMoMM gammelt bei mir auch noch im Riesenstapel des Ungespielten (+3 gegen Langeweile) herum. Irgendwann mal, irgendwann…

  13. Jo, bei mir fliegt auch noch irgendwo die Limited Edition der unzensierten US-Fassung rum. Irgendwann hab‘ ich das mal kurz angetestet und Grafik und Inszenierung sind ja auch sehr nett, aber Kampf war mir einfach zu umständlich. Ging mir allerdings auch bei Arx Fatalis schon so. Naja, irgendwann kriegt das Ding vielleicht mal eine zweite Chance …

  14. Ich bekomme es leider trotz mehrstündigem Gefrickel unter Windows 7 nicht gestartet 😦
    Habe die Retail-Version erworben. Patches drauf – nix. Die Steam-Fassung lief ja bei Dir offensichtlich. Mist alles.

  15. Nix. Nach den Intro-Filmen werde ich kommentarlos auf den Desktop zurück befördert. Zweimal bin ich irgendwie bis ins Hauptmenü geraten, da friert es dann aber irgendwann ein und zurück geht’s zum Desktop.

  16. Gestern abend nochmal ausprobiert.

    Steam-Version/W10-64/aktuelle NVDIA-Treiber: startet und läuft ohne Probleme.

    Sry, habe keine Ahnung, was Dir Dein System in den Weg legt.

  17. Danke für das Mitgefühl! Ich installiere es noch mal von der Retail und schau mir noch mal meine Treiber an. Wenn das nicht klappt, kann ich ja mal wagemutig die Steam-Version für nen schlanken Fünfer testen.

  18. Hast Du denn auch die richtigen Patches installiert (US unzensiert vs. Deutsch geschnitten)? Oder vielleicht ein Codec-Problem? Eventuell einfach mal ein seriöses Codec-Pack installieren.
    Oder testweise Antivirensoftware deaktivieren. Ansonsten hast Du Recht; notfalls investiert man halt eine Hand voll Euros auf Steam …

  19. Tja, die Steam-Version war dann leider tatsächlich die Lösung. Läuft unter Windows 7 bei mir anstandslos. Vielleicht lag es ja am verwendeten Securom auf der Retail. Wir werden es nie erfahren.

  20. Hattest Du es eigentlich mal mit den passenden Retail-Cracks für DMoMM probiert? Wenn es dann ginge, dann war Securom definitiv der Übeltäter.

  21. Die Intro-Filme laufen ja und er ist ja sogar bis ins Hauptmenü vorgedrungen. Kopierschutzbedingte Aussteiger treten üblicherweise deutlich früher auf. Generell ist ein Crack aber auch bei mir eines der ersten Dinge, die ich ausprobiere, wenn ein Spiel rumzickt.

  22. Jepp, hast recht. Ganz übersehen.

    Das Spiel kann ich zwar problemlos starten und verwenden, beim Beenden kommt aber seit W7 immer eine nichtssagende Fehlermeldung vom System, dass DMoMM unerwartet beendet wurde. Was nicht weiter stört, weil ich das Programm explizit beenden wollte, aber es kann duchaus sein, dass dieses Problem beim Herunterfahren des Prozesses auf seinem Rechner massiv den ordnungsgemäßen Betrieb des Prozesses behindert.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s