Hiermit möchte ich mich ausdrücklich bei “LePie”, einem User aus dem 4P-Forum, bedanken, weil er immer höchst informative Links postet, die ich meinen allseits geschätzten Lesern nicht vorenthalten will.
Heute geht es um das nebulöse Thema: “Wie verkaufen sich PC-Spiele im Vergleich zu Konsolentiteln?”
Nun, wie wir alle wissen, ist der PC-Markt tot, weil dort kaum noch Spiele verkauft werden. Phöse Raubmordneonazikinderficker-Kopierer und so. Und das ist kein Vorurteil, ein Blick in jede Verkaufsübersicht zeigt deutlich die Jahr für Jahr abnehmenden Stückzahlen. Von GTA 4 konnten zum Beispiel nicht einmal 1 Mio. Einheiten verkauft werden. Ist doch eindeutig, oder? Ja, das ist tatsächlich eindeutig.
Doch seltsamerweise kollidieren diese eindeutigen Zahlen mit den nicht minder eindeutigen Zahlen aus den Geschäftsberichten der Majors, wo der PC bis zu einem Drittel zum Gesamtjahresergebnis beiträgt, in manchen Quartalen oder Geschäftsjahren sogar mehr als das. Bei Majors, die in erster Linie teuer produzierte AAA-Multiplattform-Titel verkaufen.
Hmmm, da stimmt doch etwas nicht, oder?
Korrekt. Da stimmt so einiges nicht. Es passt nicht zusammen, wenn auf der einen Seite Jahr für Jahr die Retail-Umsätze zurückgehen, der Anteil der PC-Plattform am Gesamtumsatz der Majors aber vergleichsweise stabil bleibt, je nach Release-Zeitraum sogar ordentlich Zuwachs zeigt.
Diese Diskrepanz hat ihre Ursache in der Zählweise von Branchendiensten wie der NPD Group, die nur Retail-Verkäufe berücksichtigen. Retail = Was beim Händler, im Laden, über die Theke wandert. Anstatt von den Storage-Servern von Valve oder GOG.com direkt auf die Festplatte des Kunden kopiert zu werden. Was auch immer bei Steam & Co. oder den Publisher direkt umgesetzt wird, wird in den klassischen Umsatzstatistiken nicht erfasst. All die fünf Milliarden F2P-Spiele und ihre Ingame-Shops werden hier nicht erfasst. Das einzige, was sich also mit Sicherheit sagen lässt und auch durch andere Umsatzstatistiken belegt wird … der Retail-Markt spielt im PC-Bereich eine immer geringere Rolle. Sicher, ausgestorben ist da noch lange nix, aber der Retail-Handel ist im PC-Bereich nicht mehr so wichtig wie noch vor zehn Jahren. Bislang lässt sich also nur vermuten, dass man hier wahrscheinlich weiterhin gutes Geld verdienen kann. Aber wie viel Geld? Niemand weiß nichts genaues.
Doch mit der Zeit tauchen immer mehr und immer genauere Zahlen auf, die gar Höchsterstaunliches zu vermelden haben, wenn man diesen Zahlen Glauben schenken mag:
1. Im April wurde berichtet, dass laut einer britischen Marktforschungs-Agentur der Gesamtumsatz auf dem PC den Gesamtumsatz auf Konsolen höchstwahrscheinlich … überschritten (!) hat. Für 2014 wird ein Umsatz auf dem PC von über 25 Milliarden Dollar prognostiziert.
2. Vor ein paar Tagen wurde von der selben Agentur berichtet, dass digitale Downloads etwa 92% Anteil am Gesamtumsatz auf der PC-Plattform stellen, Retailumsätze also nur noch knapp 10% ausmachen.
Und jetzt frage man sich, warum stürzen sich EA und Ubisoft mit so viel Engagement in den Download-Markt auf dem PC und bauen eine Konkurrenz zu Steam auf? Wieso kann man auf Origin und Uplay nicht nur Titel aus dem jeweiligen Katalog des Betreibers beziehen, sondern immer mehr Spiele von Drittanbietern? Wieso gab es von nahezu jedem großen AAA-Spiel immer auch eine PC-Version, manchmal sogar zusätzlich verbessert und generalüberholt? Machen die Majors das, weil die Master Race so laut jammert?
Nein. Sie machen all das, weil hier jede Menge Asche zu machen ist! Weil es sich rechnet. Weil es sich für Konzerne rentiert, die jedes Jahr Umsätze im Milliarden-Bereich einfahren. Und wenn irgendwo im Spielebereich jede Menge Asche zu machen ist, machen sich über kurz oder lang auch die Majors breit und drücken mit gewaltiger Marketingmacht ihr Angebot dem Kunden auf die Nase.
Genau deswegen könnte ich jetzt Panik schieben und das Ende des Indie-Booms ausrufen! Doom & Gloom und Wir werden alle stähärben!
Doch weit gefehlt. Es ist nämlich scheißegal, ob die Majors nun vehement wieder zurück in den PC-Bereich drängen oder nicht. Weil sie hier Dank Internet und dezentraler Strukturen nie mehr die Vormachtstellung erringen können, die sie noch vor zehn, fünfzehn Jahren innehatten. Kein Major wird es mehr schaffen ein kleines Indie-Studio zu verdrängen, weil es keinen kostbaren Retail-Regalplatz mehr gibt, den die Majors mit viel Geld für ihre eigenen Produkte reservieren und so die kleine Konkurrenz effektiv vom Markt ausschließen. Kein Major wird mehr Entwickler und Kreative aufsaugen wie ein trockener Schwamm das Wasser und anschließend im Ausguss auspressen, weil Entwickler und Kreative Dank Crowdfunding und günstiger, leistungsfähiger Middleware nicht mehr auf eine Vorfinanzierung durch Majors angewiesen sind. Sicher, es wird verstärkt Versuche geben erfolgreiche Studios aufzukaufen oder Exklusiv-Deals mit ihnen abzuschließen, so wie Sony das mit The Chinese Room (Dear Esther, Everbody’s Gone to the Rapture) gelungen ist. So what? Dann geben einige Studioverantwortliche eben den Verlockungen des großen Geldes nach. Andere tun das nicht, weil sie ihren Lebensunterhalt bestreiten können UND unabhängig sind. Weil sie nicht müssen, weil die Rahmenbedingungen sie im Gegensatz zu früher nicht mehr zwangsläufig zu den Majors treiben.
Von daher, (wieder) Herzlich Willkommen auf der PC-Plattform! Nehmen Sie sich eine Nummer, setzen Sie sich und warten Sie, bis Sie aufgerufen werden. Nein, das Wedeln mit der dicken Brieftasche hilft Ihnen hier nicht mehr, bedaure. Sie müssen sich anstellen, wie jeder andere auch.
PS: Mir geht es übrigens vollkommen am Allerwertesten vorbei, ob man insgesamt mehr Geld mit Konsolen oder mehr mit der Master Race-Plattform oder mit einem Limonadenstand macht. Nein, ehrlich 🙂 Ich hab nur deswegen keine Konsole zu Hause stehen, weil ich schon auf dem PC kaum den Pile of Shame abbauen kann.
Nimmt eigentlich irgend jemand dieses „der PC ist tot!“ eigentlich noch ernst? Sicher, er wird Marktanteile an die Konsole und die mobile Endgeräte verlieren, aber darum sollte man sich keine Sorgen machen. Ich denke auf absehbare Zeit werden wir sicher noch gut versorgt werden mit Titeln.
Ob die Major´s Gewinn machen oder nicht ist mir egal. Ich bin nicht mehr so arg an den Hochglanztiteln interessiert, zudem wenn sie mit immer mehr Hürden/Probleme/Ideenlosigkeit auf den Markt kommen. Was mich interessiert sind Elite:Dangerous, Divinty: OS und das eine- oder andere interessante Indiespiel. Auf den Abklatsch vom Abklatsch kann ich verzichten, und die immer größere Hypemaschine löst bei mir nur noch ein dezentes Kopfschütteln aus. Ich bin einfach zu alt und anspruchsvoll für den ganzen Scheiss, und ich sage das jetzt nicht weil ich denke das ich irgendwo elitär bin. Ganz im Gegenteil.
Sollen die Major´s machen was so wollen, solange sie nicht den Rest der munteren Truppe belästigen. Sie haben ihr Publikum, ich gehöre nicht mehr dazu 🙂
EA wünsche ich trotzdem nicht das Beste, es schmerzt immer noch zu sehen was sie aus NFS machen. Die Kuh ist lange tot, aber es hindert sie nicht daran sie weiter zu melken. Irgendwie morbide…. haben einfach eine andere tote Kuh genommen, den Namen geändert und tataaaaa… das Volk ist begeistert.
Also dass das neue Spiel von The Chinese Room PS4-exklusiv wird nehme ich denen übel 😦
Ja, es gibt noch welche. Treue Anhänger eines dichotomischen Weltbildes, wo man entweder für oder gegen eine Sache ist. Jetzt ernsthaft :), dieser Beitrag soll auch nicht zum Anfeuern blöder Plattformkriege dienen, sondern nur ein wenig Licht ins Dunkel des Nichtwissens bringen. Nicht länger gut raten, sondern wissen.
Bei mir ist inzwischen der Zustand der Übersättigung eingetreten und deshalb ist mir inzwischen scheißegal, was irgendwelche Majors oder Indies auf irgendwelchen Konsolen oder dem PC veranstalten. Ich werde nicht mehr dran teilhaben und habe das bisher für Videospiele verwendete (natürlich endliche) Budget bereits in ein andere teure Hobbies umgeleitet und damit meinen ganz persönlichen Video Game Crash eingeleitet.
Da ist es doch passend, daß die korrupte Videospielindustrie gerade ihre eigene Zielgruppe für beendet erklärt hat. Na dann, viel Erfolg mit der neuen!
Und währenddessen kommen weitere Infos über den unter der Haube doch ziemlich schmutzigen Indie-Hype der letzten Jahre ans Licht:
Finde ich super, denn diese wertvollen Infos helfen mir enorm bei der Bereinigung meiner Pile of shame. Mein besonderer Dank geht dabei an den Troll Phil Fish. 😉
Erst war’s in den 80ern der deutsche Wald, der ums verrecken eben genau letzteres nicht wollte, dann kamen in den späten 90ern die Adventures dran und jetzt ist der PC als Spieleplattform schon seit einer gefühlten Ewigkeit am dahinsiechen.
Irgendwie scheinen die drei doch echt hart im nehmen zu sein.
Aber mal ehrlich, dass diese ganze Panikmache völlig überzogen ist, zeigt sich doch allein schon an den bereits erfolgten oder noch geplanten Umsetzungen ehemals konsolenexklusiver Titel, wie z.B. GTA V oder Dark Souls. Warum sollte sich ein Publisher denn zusätzliche (immense) Kosten aufhalsen, um für ein im Niedergang befindliches System eine Portierung vorzunehmen. Bestimmt nicht, weil er unbedingt ein Abschreibungsobjekt auf Halde liegen haben möchte.
Wenn ein System wirklich stirbt, dann merkt man das auch wirklich!
Ich erinnere mich mit Schrecken daran zurück als Mitte der 90er irgendwann so wenige neue Titel für den Amiga veröffentlicht wurden, dass Spielemagazine wie der Amiga Joker damals erst nur zweimonatlich und zwei oder drei Ausgaben später ohne Ankündigung gar nicht mehr erschienen.
Also solange nicht wenigstens zwei oder drei Spielemagazine über den Jordan gehen, werde ich wohl auch weiterhin genügend Möglichkeiten erhalten um meinen persönlichen Pile of Shame zu vergrößern.
(Witzigerweise besteht mein Pile of Shame zum Großteil aus Adventures auf dem PC. Und bevor Ihr fragt: ich wohne am Teutoburger Wald.)
@Joe: Geiles Popcorn! Tscha, böses Erwachen für alle, die glaubten Indie-Devs wären irgendwie bessere Menschen. Pustekuchen! Da gibt es genau die gleichen Ärsche wie anderswo auch. Sollte man seit Phil Fish eigentlich begriffen haben 🙂
@Tyl3r:
Oh ja, sehr deutlich. Habe das über einige Ecken von Atari ST-Usern mitbekommen. Aber wie schon gesagt, es ging mir nicht darum den PC mal wieder als „Nicht tot“, quasi untot 🙂 zu deklarieren, sondern Zahlen zu präsentieren, die mal eine erste, halbwegs plausible Zahl ins Spiel bringen, wie viel Geld mit PC-Spielen aktuell erwirtschaftet wird. Selbst wenn diese Schätzungen um 30-40% zu hoch sind, dann ist das immer noch deutlich über 15 Milliarden Dollar jährlich (!). Ein verdammt großer Haufen Geld!
Jap, siehe Linux/BSD auf dem Desktop: komplett von Apple gefressen, einschließlich der meisten Entwickler – und siehe da: plötzlich wurde die „freeX“ zur Beilage einer Windows-Admin-Zeitschrift. Genauso hart habe ich gelacht bei der Vorstellung der neuen MorphOS-Version, die nur noch auf irgendwelchen antiken PowerMacs läuft.
Und ich hab keine Konsole mehr weil ich mich nie an die schwammige Steuerung gewöhnen konnte. Warum Fingerjoysticks, wenn es doch Maus und Tastatur gibt.
Yay, ab sofort bin ich eine Internetberühmtheit.^^
Krasser Typ! 🙂