Schauderhaft – Aliens vs. Predator Classic 2000

Hudson: Hey Vasquez, have you ever been mistaken for a man?
Vasquez: No. Have you?

Damals, als das Alien-Franchise noch nicht durch lächerliche AvP-Filme drittklassiger Regisseure oder promethische Fehlschläge eigentlich erstklassiger Regisseure ruiniert war, da konnte man mich noch mit allem begeistern, was irgendwie mit H.R. Gigers Alien zu tun hatte. Natürlich wurde die legendäre Total Conversion für Doom, Alien TC, bis zur Vergasung rauf und runter gezockt und jedes Mal freudig aufgejuchzt wie ein kleines Mädchen, wenn ein neues Soundbite von Private Hudson zum Besten gegeben wurde. Umso gespannter war ich dann auf “Aliens vs. Predator”.

Aliens. Predator. Marines. Als Egoshooter. Für Windows. Mwhahahahah! Dass es bereits fünf Jahre vorher, mit genau dem gleichen Titel einen kommerziellen Egoshooter für den Atari Jaguar gegeben hatte, der nach Meinung damaliger und heutiger Kritiker ziemlich gut geworden sein soll, war mir egal. Atari Jaguar? Dassein?

Mangels Geld war ich gespannt wie ein Flitzebogen auf die ersten Reviews in der PC Games und der Gamestar, die ich damals beide noch abonniert hatte. Die Urteile in beiden Magazinen fielen sehr positiv aus, kritisierten jedoch den Umstand, dass man innerhalb einer Mission nicht speichern konnte. Schon damals war das für mich ein großes No-No und folglich wandte ich mich ziemlich ernüchtert anderen potentiellen Zielen für mein spärliches Konsumguthaben zu. Irgendwann bekam ich zwar mit, dass Rebellion, die Entwickler, nach heftigen Protesten via Patch eine vernünftige Savegame-Funktion nachgeliefert hatten, aber da wollte ich schon nicht mehr. Und weil knapp ein Jahr später das um Lichtjahre bessere “Aliens vs. Predator 2” erhältlich war … das Bessere ist der stete Feind des Guten. AvP 1 ist dann im Laufe der Jahre aus meinem Wahrnehmungshorizont verschwunden.

Bis letztes Jahr im Oktober, als GOG.com den ersten größeren öffentlichen Test einer frühen Version des Galaxy-Clients veranstaltete und allen Teilnehmern kostenlos “AvP 1 Classic 2000” in den Account schob. AvP Classic 2000 war ein vor fünf Jahren erschienenes Re-Release von Rebellion, die diesen Klassiker für modernere Windows-Systeme und die 360 überarbeitet hatten. Es gab ordentlichen Widescreen-Support, Unterstützung für Controller und viele andere Verbesserungen, darunter unbegrenzte Speicherstände anzulegen.

Kann das Spiel noch was? Wie schlägt es sich im grausamen Test der Zeit, wie schlägt sich gerade ein Egoshooter aus dem Jahr 1999 mit aktuellen Genrevertretern, die alleine schon technisch ganze Galaxiencluster weit entfernt sind?

Zu meiner großen Überraschung hält sich AvP 1 verdammt gut.

Ja, die Optik ist veraltet. Ziemlich derbe veraltet. Niedrig aufgelöste Texturen, nur grob detaillierte Modelle und Levelabschnitte. Jeder rein Softwarerender-basierte Shooter aus der Zeit kurz vor dem Siegeszug der 3D-Beschleuniger sieht besser aus. Der Fluch der frühen Jahre, als man sich noch der Illusion hingab, dass sichtbare Pixel böse sind und verschwommener Texturbrei total angesagt war. Aber das macht in diesem Fall überhaupt nichts. Denn man sieht davon in der Regel nicht viel, denn der vorherrschende Eindruck von AvP ist Dunkelheit.

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Denn im Dunkeln ist gut munkeln, bzw. im Gegensatz zum späteren Doom 3, wo man ebenfalls auf den furchteinflößenden Faktor Dunkelheit setzen wollte, ist das bei AvP 1 nicht nervig. Es funktioniert, weil die Dunkelheit den Spieler nicht damit bestraft, dass er nicht gleichzeitig Waffe ODER Taschenlampe verwenden kann.

Der bedauernswerte, einsame Marine in AvP 1 hat zwar keine Taschenlampe, aber er kann bis zu drei Flares gleichzeitig werfen, welche die düsteren Korridore und Hallen auf LV-426 mit Licht überschütten. Ihm steht auch ein Restlichtverstärker zur Verfügung. Das nervt nicht, das erzeugt Suspense, das erzeugt Spannung. Habe ich übrigens schon erwähnt, dass mit dem Abgang von John Romero niemand mehr bei id Software etwas von Game Design verstand? Ok, zurück zum Thema …

Die Dunkelheit, die Lichtflecken der Flares, das die Stille plötzlich unterbrechende Signal des Bewegungssensors, die pfeilschnell heranrasenden Aliens, die zum Ausweichen an Wänden und Decken entlangkrabbeln, zusammen mit den sattsam bekannten Soundclips aus den Filmen … das alles funktioniert heute noch. AvP 1 macht Spaß! Richtig viel Spaß! Waffen haben unterschiedliche Einsatzgebiete und Auswirkungen und es gibt nur wenig unfaire Situationen mit plötzlich unmittelbar im Rücken spawnenden Gegnern. Facehugger und Aliens kommen immer irgendwo her, auf den Spieler zu, und wer flink ist und aufpasst, wer sicher die richtige Waffe für die jeweilige Gelegenheit auswählt und auch den Wert eines schnellen Rückzuges zu schätzen weiß, der übersteht auch knifflige Situationen. Gut, einfach ist AvP 1 nicht. Der einfachste Schwierigkeitsgrad lässt zwar den einen oder anderen Fehler zu, aber mit planlos durch die Gegend eiern kommt man auch hier nicht weit. Einzig der Endkampf gegen die Queen nervt. Die Queen ist so ziemlich immun gegen alles, was der Spieler in diesem Level an Waffen aufbieten kann (was nicht viel ist, to make matters worse), so dass man zwar schnell begreift, dass Rebellion sich hier das Ende der Alien-Filme zum Vorbild genommen hat, der Spieler aber dann fast wahnsinnig wird beim Versuch herauszufinden, wie man diese vermaledeite Queen aus der Luftschleuse schubst, ohne dabei verhackstückt oder selber mit ins All geblasen zu werden.

Ja, es gibt noch eine Kampagne für den Alien-Soldat und den Predator. Aber wie schon im zweiten Teil dieser Serie finde ich das Gameplay wenig überzeugend und höre auch schnell wieder damit auf. Das Alien darf überhaupt gar keinen Fehler machen und der Predator ist so OP, dass es schnell langweilig wird und man dem Spiel überdeutlich sein Alter anmerkt.

Private Hudson rockt halt immer noch das Boot!

Es geht weiter mit American McGee’s Grimm.

14 Kommentare zu „Schauderhaft – Aliens vs. Predator Classic 2000

  1. „bis zur Vergasung“? Auer! Bitte ändern…

    Ansonsten schöner Artikel. Ich habe AvP vor 1-2 Jahren auch auf Steam gekauft, bin aber leider nie damit warm geworden, weil zu schwer, zu schnell und zu unübersichtlich im Leveldesign.

  2. @arillo: Warum denn ändern?
    @Thema: In jedem Fall ein Top-Titel. Haben den nach Release zu zweit durchgespielt. Stirbt der eine, darf der andere sein Glück versuchen. So war der Frustfaktor nicht sooo hoch. 🙂

  3. Das „gute alte“ AvP 🙂
    Was bin ich als Alien am einen oder anderen Level verzweifelt. Da schleicht man durch Gänge, versucht rauszukriegen wir man den Marinetrupp am besten alleine erlegen kann – schafft das nach gefühlt 20 Versuchen auch, und kurz vor Levelende übersieht man noch ne Selbstschussanlage – bam – alles wieder zurück, nochmal von vorne. Zudem waren die Level nicht gerade klein – und übersichtlich ist auch was anderes. Trotzdem, die Alien-Sicht mit den Zähnen oben/unten und auch den verschiedenen Sichten war schon klasse – auch das rumlaufen an den Wänden hat Spaß gemacht.

    zu Aliens TC: ich hab selten ein dermassen schweren Shooter gespielt. Man hat das Gefühl dass die Muni so gut wie abgezählt war und Meditkits sind sowieso Mangelware. Sehr schön fand ich damals, dass es im ersten Level kein einziges Alien vorkommt – und es ziemlich fiese Schock-Momente gab, als sie dann nach und nach auftauchen.
    Dazu kam ein selbst für den hohen Doom-Standard hervorrangender Levelbau.

    So, jetzt kann ich die rosarote Nostalgiebrille wieder absetzen 🙂

  4. SP nie weit gespielt, Kumpel hat’s VOR Patch als Marine fast durch, aber das Spiel hat ihn gebrochen. Also so gut wie wortwörtlich. Seitdem ist mit dem im FPS Bereich nicht mehr viel zu machen, der erschrickt bei jedem Scheiss.

    MP allerdings. Der MP von AvP 1 hat damals gerockt, dafür gibt es heute keine Worte mehr.
    Kann die Nostalgiebrille sein, aber danach gab es irgendwie kein Spiel mehr mit so gutem asymmetrischem Gameplay. Auch AvP 2 nicht, das fanden wir zwar gut, aber irgendwie auch wieder… seelenlos.

    Aber 1? Meine Fresse. Da kannste heute in meiner Gruppe noch ein paar Stichworte nennen und sofort erinnern sich alle.
    Ich glaube sogar fast, dass es dem Spiel half, dass es nichts hatte – also so auf der grafischen Ebene. Das Alien hatte so automatisch einen Tarnmodus, so als dunkler Texturenmatsch auf dunklem Texturenmatsch. 😉
    Damit das nicht OP ist, war das Clipping unter aller Sau. Wer mal versucht hat, über eine Lampe zu laufen, weiß was ich meine…

    Will sagen: Kann mal bitte jemand wieder guten MP in Shootern machen? Oder überhaupt mal wieder einen Shooter?

  5. Ich kenne ja nur den AvP 2-MP ein wenig, aber da fand ich es schon äusserst amüsant, wie man als Alien ÜBER einer Gruppe Marines an der Decke hing und keiner, wirklich keiner kam auf die Idee mal nach oben zu schauen. Das war, wie man aus dem anderen Raum hörte, fast wie im Film:
    “ Wo isser? Wo isser?“
    „Da! Genau vor uns! Guck doch selber drauf!“
    „Da is aber nix! Is das Teil buggy? Da ist nix!“
    „Scheisse! Wo isser??“
    *jump-taste* *zwei, dreimal meelee-attacke* *wütendes geschrei aus dem anderen raum*

    Arme Schweine … gut, wenn sie einen aber mal vor die Mündung bekommen haben, war schnell Schluss.

    Achja, und angeblich soll Evolve einen recht ordentlichen asymetrischen MP bieten. Und hätte Take2 nicht im Vorfeld mit der brutalstmöglichen Bewerbung von harmlosem Zero-Day-Kosmetik-DLC viele Brücken verbrannt, das Spiel hätte aktuell wohl mehr Spieler als die (angeblich) recht kleine Zahl für ein halbwegs aktuelles Spiel, die sich dort noch tummeln.

  6. Nur abschließend zur eingangs aufgekommenen Verwirrung: http://de.wikipedia.org/wiki/Bis_zur_Vergasung

    Das Ganze ist nicht letztlich zu klären und wie so oft eine Frage des Geschmacks bzw. der persönlichen Entscheidung. Ich selbst kann berichten, dass die fragliche Redewendung nicht Teil meines Wortschatzes ist, aus Gründen, die der Artikel anspricht, aber sicherlich auch, weil sie niemals Teil meiner sprachlichen Sozialisierung war (womöglich ebenfalls aus Gründen, die der Artikel anspricht).

    Ich drehe aber keinem von vornherein einen Strick draus, der sie benutzt.

    Siehe auch: Jedem das Seine.

  7. Tja, Harzzach, eben DIESE Taktik klappte beim o.a. Kumpel halt nicht. Der ist im geeigneten Modus herum gelaufen: FULLBLOWN PARANOIA!!!
    Ich hab’s ja mal versucht, regungslos an der dunklen Decke, er läuft unter mir in den Gang, ist genau unter mir, reißt im Lauf kurz das Pulse Rifle hoch, rotzt mich mit short, controlled bursts von der Decke und läuft weiter, als wäre nichts gewesen.
    Und da sind wir noch nicht bei der Sache, die dem Pred passiert ist. „Ich hab gedacht, da war was“. Der konnte uns riechen, sag ich euch.
    Gut, wir waren zu der Zeit alle in einem Raum, mit den guten, alten CRT, natürlich konnte der ich schweife ab.

    Evolve soll einen guten MP haben, ja. Aber halt nur zwischen zwei Fraktionen. AvP hat drei. Und alle drei spielen sich extrem unterschiedlich. (Zudem hat AvP noch einen Schwarmmodus, bei dem es nicht ums gewinnen, sondern ums zuletzt verlieren geht.)
    Kann aber auch sein, dass wir das damals alle nicht so verbissen (höhö) gesehen haben. Denn ich glaube, so richtig ausbalanciert ist das Spiel nicht. Ich bin mir sogar ziemlich sicher, dass das nicht balanciert war. 😉
    Ich glaube, das hat nur geklappt, weil wir eine Handvoll Aliens, maximal drei Preds und der Rest Marines waren. Denn ALLEINE hat kein Marine eine Chance auf eine halbwegs ausgeglichene Score.
    Aber das war halt damals, als wir noch selbst verantwortlich waren für das MP Erlebnis und man sich einfach so darauf einigen konnte, dass im Team Deathmatch nicht alle als Aliens rumlaufen.

  8. @bartgesang:
    Die Großmutter eines ehem. Studienkollegen hat seine Freundin (und spätere Frau) bis zu ihrem Ende als „Negerin“ bezeichnet. Weder war sie Rassistin, noch folgte sie anderweitig irgendwelchen Standesdünkeln. Nach anfänglichem Entsetzen hat die Freundin mit der alten Dame enge Freundschaft geschlossen, weil sie irgendwann begriff, dass die Oma es einfach gewohnt war zu dunkelhäutigen Menschen „Neger“ zu sagen. Ohne Wertung, ohne Hintersinn.

    Sprache ist kompliziert, weil Worte viel bedeuten können. Manchmal lohnt es sich nachzufragen, was man damit gemeint hat, anstatt reflexartig etwas zu vermuten. Und manchmal muss man auch den unausgesprochenen Kontext kennen. So wird es, wenn man sich diverse Funkprotokolle anhört, schnell klar, dass so mancher US-Polizist das Wort „Nigger“ nicht unbedingt im neutralen, lediglich beschreibenden Modus verwendet.

    @Richfield:
    Diese „Alles Gute kommt von Oben“-Überraschung hat nur wenige Mal funktioniert. Sind zwar Marines, aber die Jungs lernen schnell dazu. Dann lernt man als Alien das Jagen im Rudel. Die Gruppe greift an und lenkt ab und der Vollstrecker versucht seitlich oder von hinten in Klauennähe zu kommen. Dann lernen die Marines Feuerdisziplin und einer schaut IMMER dorthin, wo gerade keine offensichtliche Attacke stattfindet. War zum Schluss recht ausgewogen, weil die Aliens immer noch schnell genug waren, um Probleme bereiten zu können. Und manchmal gab es eben zwei Vollstrecker und einer ist immer durchgekommen 🙂

    Ahhh, memories … wär mir heute aber wohl zu stressig. Alien mit Krückstock.

  9. Hach das gute alte AvP.
    Ich glaube das war das einzige Spiel, wa smir wirklich Angst gemacht hat. Nicht Grusel, wie z.B: Fear 1 oder Condemned, sondern Angst. Angst davor, hinter der nächsten Ecke von nem Alien massakriert zu werdne und den ganzen Level nochmal von vorne machen zu müssen. Oder Angst vor Facehuggern. Die Biester sind in bester 360° Noscope Yolo-Manier auch mal gerne rückwärts auf einen draufgesprungen.
    Und ja, die Marine-Kampagne war der beste Teil. Alleine weil man so ein armes Würstchen ist und wirklich absolut nix aushält ^^

  10. Zusammenfassend kann man sagen, dass man es hier mit einem seltenen Vertreter von Lizenzspielen zu tun hat: Einem, das der Vorlage mehr als nur gerecht wird.
    (Wenn man als Vorlage Alien(s) nimmt. Solange ich mich nicht im Schlamm suhlen kann, oder to da choppa getten, ist die Predator Reihe unterrepräsentiert, Dannyboy.)

  11. Ich hatte immer darauf gehofft, dass jemand ein konsequent auf Stealth und Guerilla-artige Taktiken ausgelegtes Predator-Spiel macht. Weil … der Predator ist kein Rambo, sondern ne feige Sau, die aus dem Unsichtbaren kurz und derbe zuschlägt und sich dann wieder schnell verpisst. Kurz hatte ich gehofft, dass die Crysis-Reihe mit einem Ausbau des NanoSuit-Gameplays sowas aufgreift, aber die Yerlis wollten ja lieber auf CoD machen …

  12. bei jedem AvP kam ich mit dem Alien nie klar. Meist erst dei Predator-Kampagne zuerst, dann Marine und Alien irgendwann aufgegeben.
    Nicht speichern zu können war schon hart – ich glaube auch keine Kamapgne je beendet zu haben. Aber die Dunkelheit hat in der Tat sehr gut funktioniert.

  13. Ich persönlich fand ja gerade die Alien-Kampagne am besten! Die habe ich auch (im Gegensatz zur Marine- und Predator-Kampagne) immer mal wieder auf dem höchsten Schwierigkeitsgrad durchgespielt 😀
    Am schwersten fand ich wirklich die Marine-Variante (und da hatte ich auch echt Angst beim Spielen!).
    Wahrscheinlich ist das einfach Gewöhnungssache – kenne viele Leute, die genau mit der „unübersichtlichen“ Alien-Spielweise nicht warm wurden.

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