Zwischenbericht 1 – Arcanum

Weil man Spiele wie Arcanum nicht so schnell runterrotzt wie vorausgegangene Titel und ich bei Spielen wie Arcanum auch mehr Durchhaltefähigkeit an den Tag lege, wird es bis zum nächsten Titel noch etwas dauern. Aus diesem Grund werde ich gerade bei längeren Sessions, gerade bei Rollenspielen, immer wieder Wasserstandberichte abgeben, damit die Pause zwischen zwei Beiträgen nicht zu lange wird.

Die Fan-Patches:

Im entsprechen Sub-Forum auf GOG.com gibt ein Sticky namens Arcanum Essential Mods/Patches. Dort findet man auch Hinweise auf noch mehr Patches und Mods, falls man dem Spiel neue Seiten abgewinnen will. Ich entscheide mich es bei den Essential zu belassen. Der aktuellste Fan-Patch, überarbeitete Stadtkarten und der Highres-Widescreen-Patch.

Die Technik:

Arcanum: Of Steamworks And Magick Obscura stammt aus dem Jahr 2001 und bediente sich kräftig bei der damals unter Win 98 und XP üblichen DirectDraw-API. DirectDraw ist mittlerweile aus aktuellen DirectX-Paketen verschwunden, die Aufwärtskompatibilität mit Windows-Versionen Vista und aufwärts ist nicht immer gegeben. Ebenso widerspenstig zeigen sich manche älteren Direct3D-Aufrufe speziell für die 2D-Darstellung. Und wie konnte es nicht anders sein, so meinte Arcanum auf meinem Windows 8.1-System herumzicken zu müssen. Selbst in der kleinsten Auflösung ruckelte und zuckelte der Bildschirmaufbau nur so dahin. Höhere Auflösungen gerieten nach nur wenigen Minuten fast unspielbar.

Nach dem ausgiebigen Studium der Community-Seite von GOG.com zu Arcanum bin ich zwar auf jede Menge Tipps gestoßen, von denen aber nur wenige hilfreich waren. Der Hinweis die Exe mit “-window” zu starten führte nur zu Crash und nichtssagender Fehlermeldung. Mit dem Startparameter “-no3D” verbesserte sich die Lage nur geringfügig und der Tipp die “ddraw.dll” zu löschen oder umzubenennen machte alles nur noch schlimmer.

Halfen tat nur die doppelt ausgeführte Rückwärtsrolle mit gestrecktem Bein, der Einsatz von WineD3D. WineD3D ist eigentlich die Direct3D-Bibliothek für WINE, die Software, die das Ausführen von Windows-Programmen unter unix-oiden Betriebssystemen ermöglicht. Zu diesem Zweck werden, soweit ich das als Nicht-Codefrickler verstanden habe, die Direct3D-Calls in OpenGL übersetzt und dann dort ausgeführt. Diese Bibliotheken wurden aber auch für Windows kompiliert, so dass man windows-spezifische Direct3D-Calls ebenfalls in OpenGL übersetzen und dort ausführen lassen kann. Weil der Direct3D-Standard ja nur dann ein Standard ist, wenn es Microsoft grade in den Kram passt. Einfach alle DLLs ins Programmverzeichnis entpackt und Arcanum flutscht nun sogar mit 1080p so flüssig dahin, als würden wir wieder das Jahr 2001 schreiben und ich hätte justament mein Windows98 mal wieder nach einem 3DFX-Treiber-Crash neu gestartet. Jahaaa, toll war das damals …

Das Nicht-an-die-Hand-Nehmen:

Nach etwa einer Stunde Spielzeit wurde mir leicht skeptisch zumute. War da nicht noch irgendwas? Habe ich nicht irgendwo irgendwas übersehen? Müssten da nicht ganz arg viel mehr Quests in meinem Journal sein? Warum bin ich immer noch Stufe 2?

Dann klicke ich, anstatt brav auf den Ausgang eines Gebäudes, bzw. direkt vor die Tür eines Gebäudes, damit sich meine Party auch brav durch die Türen nach draußen bewegt, diesmal gedankenverloren seitlich versetzt in die Landschaft. Fest damit rechnend, dass die Wegfindungsroutinen meine Jungs und Mädels zur Tür hinaus und um die Gebäudeecke herum führen würden, bin ich fast vom Stuhl gefallen als meine Party mit Karacho den Fensterladen des Geschäftes aufstieß, mit einer geschmeidigen Animation über das Fensterbrett setzte und in direkter Linie zum Zielort lief. Mein Denken verlief die ganze Zeit auf Schienen. Spielfiguren betreten Gebäude nur durch Türen. Türen sind entweder offen oder verschlossen. Wenn sie verschlossen sind, muss ich wieder umdrehen. Nö, muss ich nicht. Ich kann einfach schauen, ob es irgendwo ein unverschlossenes Fenster gibt und auf diese Weise einsteigen. Oder, oder, oder.

Ich hatte total verlernt, wie man diese greulichen Oldschool-Spiele zockt, welche unglaublichen Freiheiten sie einem bieten.

Nein, man drückt mir nicht bei jeder Gelegenheit sofort eine Quest aufs Auge. Manche Leute muss ich erst etwas nerven. Oder netter als sonst sein. Oder provozieren. Oder zuerst eine Quest für Person A machen, was mir wiederum die Quest von Person B unzugänglich macht, was wiederum Person C erweicht, mir einen Job zu geben, weil er Person B für ein Arschloch hält und sich freut, dass ich es ihm gezeigt habe.

Ich fange an das Handbuch zu lesen, weil ich keine Lust mehr habe planlos Fertigkeitspunkte zu vergeben, weil Arcanum nicht über dieses neumodische Tooltip-Feature verfügt. Ich lerne Features kennen, die ich bis dato übersehen habe, wie z.B. ungemein praktische Autolevel-Skripte.

Ich lerne wieder mit der Welt als Teil der Welt zu denken und nicht zu erwarten, dass mir alles zu Füßen liegt, nur weil ich vor fünf Minuten das Spiel gestartet habe. Da, ein Haus in der Pampa. Hier soll ein böser Priester wohnen, dessen Tötung mir ein Geist aufgetragen hat. Es ist aber alles verschlossen. Warum ist es verschlossen? Weil Nacht ist und der gute Mann schläft und vorher seine Wohnungstür und Fensterläden abgeschlossen hat, wie es jeder aufrechte böse Priester tut, der mit der Wahrscheinlichkeit rechnen muss nachts im Schlaf überfallen zu werden. Gut, dann überfalle ich ihn eben tagsüber und schlage draußen mein Lager auf. Und Presto! Mit Tagesanbruch sind Türen und Fenster nicht mehr verschlossen. Tschakka, Angriff!

Und so geht es dann weiter. Ich entdecke überall Details und Aufgaben und Lösungen, wo ich vorher achtlos auf der Suche nach dem gelben Ausrufezeichen vorbeigelaufen bin. Meine Fresse. Ich habe viel zu viel WoW gespielt! Ich habe verlernt selber zu denken, ich habe verlernt meine Augen und meinen Verstand zu gebrauchen.

Schon jetzt hat sich Arcanum mehr als rentiert.

arcanum_01

13 Kommentare zu „Zwischenbericht 1 – Arcanum

  1. Jetzt fehlt nur noch eine Option „gelbe Questmarker an/aus“, damit man nur ja nix verpasst, gell ? 🙂

  2. Hört sich ja gut an. Ich bin damals nicht richtig warm geworden mit dem Ding, mein erneuter Versuch vor einem halben Jahr scheiterte an den geschilderten technischen Schwierigkeiten. Aber vielleicht klappts ja auch bei mir mit Deinem Lösungsvorschlag.Bin jedenfalls gespannt, wie Deine Spielerfahrung weitergeht. Und übrigens merci für die „Wasserstands“ (tolles Wort)-Zwischenberichte!

  3. Was hast du denn für einen Avatar erstellt? Schon Pläne, in welche Richtung es mit ihm/ihr bei den Stats gehen soll?

  4. Mir kam die Welt von Arcanum immer etwas steril vor. Viele grosse, leere Flächen, wenige NPCs, besonders in den Städten. Ist wahrscheinlich Geschmacksache.

  5. @archer:
    Mangels Kenntnis des Spielsystems habe ich einen der vorgefertigten Charaktere ausgewählt und nach Entdeckung des Autolevel-Skript-Features lasse ich mich einfach überraschen, welche Richtung das Spiel mit mir einschlägt. Auf jeden Fall geraten Gespräche schon mal ganz interessant, wenn man als Halb-Orcin erstmal des Ladens verwiesen wird und nur mit Engelsgeduld und -zunge den Menschen hinter der Theke in ein Gespräch verwickeln kann. Beim Wirtshausinhaber bin ich aber unten durch, da konnte ich meine große Ork-Klappe nicht halten … und muss nun draußen schlafen, weil ich keine Lust habe seine gesalzenen „Sonder“-Preise zu bezahlen.

    Das Autolevel-Skript scheint aus mir eine Art Fernkämpferin/Heilerin mit ausgewogenem Steam/Magicka-Verhältnis zu machen. Auch das Trainieren bei Lehrern erfolgt derzeit noch etwas planlos.

    @Minando:
    Arcanum gewinnt wahrlich keine Schönheitspreise. Bislang ist nahezu alles ein grau-brauner, eintöniger Pixelbrei. Aber die Dialoge, das Setting und das Gefühl, dass meine Entscheidungen wirklich eine Rolle spielen und mich jeder Schritt in eine andere Richtung führen kann, reissen das derzeit mehr als nur raus.

  6. Oh Arcanum… das war neulich bei GOG im Sale, und da ich schon unzählige Lobeshymnen darüber gelesen habe, hab ich es mir dann doch auf meinen PoS gelegt… *seufz*

    Da verfolge ich deinen Blog mal mit noch mehr Aufmerksamkeit als sonst. 🙂

  7. @Michael: Und ist es jetzt wieder für ca. 12 Stunden dank Summersale bei gog.com.

  8. Ich distanziere mich hier ganz ausdrücklich von irgendwelchen Sales-Aktionen und Verschwörungstheorien, ich wäre nur ein ausgelagertes PR-Büro von CD Projekt und würde hier die ganze Zeit Guerilla-Marketing machen … nein, ernsthaft, die Bezahlung ist lausig und wir dürfen nur einmal alle 10 Stunden aufs Klo und was Essen.

  9. So…gerade im GoG – Sale geschossen. Vielleicht komme ich so in 4, 5 Jahren auch dazu es zu spielen….

  10. Ich hoffe dem Spiel geht es gut, wenn es eine Kugel von Zaza abbekommen hat.

    Wird man fürs Anschiessen nicht irgendwo eingesperrt?

  11. Nicht hier. Hier darf man ganz ausdrücklich Spiele abschiessen. Nur Entwickler nicht. Entwickler sind tabu. Die dürfen nur mit Hohn und Spott übergossen werden, falls notwendig 🙂

  12. Ich habe bei GoG wegen Arcanum weder zugeschlagen, noch habe ich es geschossen. Bei Lands of Lore habe ich gezuckt und obwohl das sogar über ScummVM und damit auf meinem Handheld läuft, habe ich lieber ganz gewaltfrei die Finger davon gelassen. Ich weiß einfach nicht, wo ich momentan die Zeit für RPGs herzaubern sollte und es lauert momentan schon die gesamte Ultimareihe auf meiner externen Festplatte auf ihren Einsatz und beide Teile von Baldur’s Gate und Planescape: Torment und Der Tempel Des Elementar Bösen und Neverwinter Nights fast alles von Spiderweb Software und… 😦

    Bei Banished konnte ich allerdings nicht widerstehen. Ich hoffe daran hat man auch seinen Spaß, wenn man es immer nur für kurze Zeit am Stück spielen kann.

  13. Ich bin leider imm immun gegen diese OldSchool Denke gewesen. Und zwar, weil ich NIE die Schlussfolgerungen ziehe, die mir die Designer vorgeben.
    Klar, vielleicht können die Leute durch Fenster Klettern, dafür können sie dann durch duzende andere Löcher NICHT Klettern. Ich finde diese Art der Willkür schrecklich und das mündet in reiner Rumraterei und Pixelsuche, wenn man nicht zufällig genauso denkt, wie der Designer. Und das war bei mir halt nie der Fall. Bei Spielen nutzt halt leider keine RealLife-Denke und wenn, ist es Zufall.
    Spiele mit klar definierten Regeln sind mir daher immer Lieber.

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