Kinderkram

Zuerst waren Videospiele nur harmloser Kinderkram.

Dann waren Videospiele besorgniserregender Kinderkram, den man von Kindern möglichst fernhalten sollte.

Zwischendrin wuchs die Videospielindustrie zu einen riesigen Zig-Milliardengeschäft heran.

Aber immer noch waren Videospiele wahlweise nur harmloser oder besorgniserregender Kinderkram.

Zwischendrin verwandelte sich das spaßige LAN-Match unter Freunden in mit hohen Preisgeldern dotierte Live-Turniere, welche immer mehr von Profis dominiert werden, die damit ihren Lebensunterhalt bestreiten.

Videospiele waren in den Augen der Öffentlichkeit weiterhin entweder harmloser Kinderkram oder Grund den Untergang der westlichen Welt zu beschreien.

Dann tauchten Werbespots für World of Warcraft, Halo und Call of Duty im Primetime-TV auf. Prominente Stars kokettierten  auch ohne Werbegelder mit ihrem Level 34-Warlock und bekannten sich zu ihrem Hobby. Talkstar Conan O’Brien etablierte ein Segment namens “The Clueless Gamer”, wo er nicht nur launige Kommentare zu aktuellen Spielen abgab, sondern auch schnell klar wurde, dass der gute Mann tatsächlich ein “Gamer” ist und kein Promi, der zum ersten Mal in seinem Leben zu einem Controller greift.

Und doch, ja, doch sind Videospiele weiterhin nur Kinderkram. Sowohl in der einen, als auch in der anderen Hinsicht. Statistiken, die seit Jahren klar aufzeigen, dass das Durchschnittsalter von Videospielern über 30 Jahre beträgt, werden weiterhin ignoriert.

statistic_id290890_altersverteilung-von-computerspielern-in-deutschland-2014

Nicht besonders hilfreich in der öffentlichen Wahrnehmung von Videospielen sind dabei die Hysterie und Aufregung, die sich im Internet abspielt, sobald es jemand wagt ein kritisches Wort über Videospiele zu erheben (gerne in Zusammenhang mit Suchtmechanismen und psychologischen Abhängigkeiten). Neben den üblichen egozentrischen Monokausal-Denkern (also, bei MIR ist das nicht so, deswegen stimmt das nicht!) gibt es natürlich auch die schaumlippigen Mordroher und Schlägeankündiger, sowie die unvermeidlichen Mob-Beifallsklatscher (ja, der Mann hat recht, weil ich finde, dass das nur was für dumme, kleine Kinder ist). Richtig, eine Subspezies der egozentrischen Monokausal-Denker.

Aktuell tobt gerade ein Shitstürmchen über Jimmy Kimmel, seines Zeichens Comedian und TV-Host im US-Fernsehen. Weil der gute Mann es gewagt hat, sich über “Lets Play”-Videos lustig zu machen. Sicher, man könnte jetzt sagen, dass hier nur kleine Kinder ausfällig werden, weil doch Erwachsene so etwas nie im Leben … leider nein.

Man muss sich nur anschauen, wenn man sich das unbedingt geben möchte, wer mittlerweile im ausufernden Gamergate-Chaos mit Förmchen wirft. Das sind keine Kinder. Sondern erwachsene Menschen. Zumindest biologisch erwachsen. Geistig scheinen solche Vertreter der Menschheit weiterhin im Kindergarten zu stecken. Wobei das fast schon eine Beleidigung für alle Kindergarten-Kinder ist, die sich zumindest halbwegs benehmen können.

Immerhin, Videospiele sind angekommen. Mitten in der Gesellschaft. Wer seine Freizeit mit Videospielen verbringt, ist kein seltsamer Wichtelzwerg mehr, der sich tagsüber in tiefe, kühle Erdlöcher verkriecht, aus denen dann auch Nachts der fahle Schein eingeschalteter Bildschirme dringt. “Wir” sind da. In der Mitte der Gesellschaft. Und werden weiterhin als kleine, unreife Kinder wahrgenommen.

Aus gutem Grund!

Videospiele sind ein hochemotionales Ding. Videospiele sind keine Kühlschränke, keine Servietten oder Supermarktkassenbandtrenner. Videospiele sind Leidenschaft. Und wie es bei so vielen Dingen ist, die wir in erster Linie über unser Gefühl wahrnehmen, so setzt beim Thema “Videospiele” bei nicht wenigen Menschen zwischen 10 und 60 das rationale Denken aus, so es jemals vorhanden war. “Denk doch an die Kinder”, “Mein Lieblingsspiel”, “Meine Lieblingskonsole”. Alles ein Brei aus undifferenzierten, kaum verstandenen Gefühlen, wahlweise gekoppelt mit Ignoranz, Ahnungslosigkeit und Naivität.

Wird sich das jemals ändern?

Nein. Aber man wird sich daran gewöhnen, dass bestimmte Hobbies mit einem überdurchschnittlich hohen Anteil an Vollidioten gesegnet sind. Dass überall dort, wo Fußball ist, in gewissem Maße auch Hooligans und Schläger vertreten sind, das ist mittlerweile ein akzeptierter Umstand. Das eine geht nicht ohne das andere. Und meistens gelingt es auch ganz gut, diese Vollhonks auszusperren und zu ignorieren. Was man eines Tages auch im Videospielbereich können wird. All diese Vollhonks ignorieren und im Falle von Comedians negative Bewertungen von z.B. Videos als Auszeichen zu tragen und die gröbsten Klopper als Material für neue Gags verwenden.

21 Kommentare zu „Kinderkram

  1. Ach, nicht nur die Gamer können peinlich in Foren.
    Als Hobby Fotograf muss ich mich immer wieder über die extrem hohe Anzahl von BesserwisserKlugscheißerHaarspaltern in einschlägigen Foren ärgern und/oder fremdschämen.
    Aber Dein Blog ist doch der beste Beweis, das da draußen durchaus erwachsene Zocker existieren.

  2. Was denn, Akabei? Die Statistiken ergänzen sich gut und haben jeweils ihre eigene Aussage. In den höheren Altersgruppen spielen zwar anteilig weniger Leute, aber aufgrund der Altersstruktur in Deutschland sind das in absoluten Zahlen dennoch mehr als die jungen Gamer.

  3. Wie immer gilt: Traue keiner Statistik die du nicht selber gefälscht hast.

    Aber selbstverständlich 🙂 Nein, wie schon erwähnt, beide ergänzen sich. Das eine ist die absolute Anzahl je Altersgruppe, bezogen auf die Gesamtbevölkerung, das andere relativ zur Altergruppe selbst.

  4. @ elZorro
    Das gilt vermutlich für alle Internetanlaufstellen, egal für welches Hobby. Ich könnte ähnliche Sachen aus dem Modellbaubereich erzählen. Du wirst immer irgendwo in einer Gruppe Leute haben die alles besser wissen. Oder die sich darüber definieren, das sie andere schlechter machen um selbst scheinbar besser darzustehen. Oder die bei bestimmten Themen sofort alles auf die persönliche Schiene schieben. Vor allem im Internet, wo man sich ja so hübsch hinter seinem Benutzernamen verbergen kann. Ich wette die Hälfte der „Onlinehelden“ würde im Angesicht der Anderen das Maul nicht so weit aufreißen.

    Harzzach hat schon Recht, es gibt immer einen gewissen Prozentsatz an Idioten, welche man einfach ertragen muss. Das Dumme ist nur das man in den modernen Medien diesen Idioten leider viel zu oft eine Plattform gibt, wo sie überdurchschnittlich oft ihre seelischen Ergüsse ablassen können. Gamersgate ist da ein gutes Beispiel. Viel zu oft hört man die Extremisten quäken, die Leute welche den Zweck umdeuten und versuchen so viel Kapital wie möglich für sich herauszuschlagen. Darum stelle ich bei der Geschichte meine Ohren mittlerweile auf Durchzug. Anders kann man das nicht mehr aushalten. Ich brauche keine Frau Sarkeesian, welche mir alles „vorkaut“. Ich habe ein Hirn, ich kann das alles selbst aufnehmen und mir meine Gedanken dazu machen.

    Viele Leute nehmen die ganze Thematik einfach zu ernst. Und andere lassen sich zu leicht für die Ziele anderer einspannen. Manchmal ist es echt erschreckend zu sehen das selbst der größte Unfug immer noch hochemotional verteidigt wird.

  5. Ein schönes Beispiel, dass die Idiotenthese unterstreicht ist, dass die NPD zuweilen Lieder von den Die Ärzte (namentlich: Deine Schuld) bei ihren Kundgebungen spielt. Absurder gehts kaum und es zeigt prima, dass man in jeder Fangruppe komplette Vollidioten vorfinden kann. Ansonsten: Wie immer sehr schön geschriebener Artikel.

  6. anigunner, aus meiner Erfahrung würde ich das Bild so nicht zeichnen.
    Was die neuen Medien (lies: Das Internet) geändert haben, ist lediglich, dass die Idioten und du leichter zueinanderfinden.
    Die Idioten gab es immer und wird es immer geben und diese Idioten äußern sich auch persönlich wenigstens inhaltlich genau so.
    Früher nannte man das halt Stammtisch. 😉

    Heute ist es viel einfacher, Freunde des Modellsports aus ganz Deutschland und der Welt zusammenzubringen. In einem Forum treffen halt mehr Leute aufeinander als wenn du den Quadcopterclub Oer-Erkenschwick gründen würdest.
    Und weil da mehr Menschen sind, sind da auch einfach mehr Idioten.

    Was ich am Internet auch einfacher finde: Der Drang, auf diese Idioten zu reagieren, kann deutlich einfacher unterdrückt werden.
    Bzw. kann dem Idioten einfacher NICHT zugehört werden.

    Wenn einer mit seinem fauligen Atem neben mir steht und mich vollseiert, kann ich da weniger gut ausweichen, als wenn der seinen Rotz ins Netz ballert.

    Solange er oder sie sich darauf beschränkt, wohlgemerkt. Es kann auch übers Netz schnell persönlicher werden, aber das ist eine andere Dose Würmer.

  7. Videospiele sind finde ich immer noch nicht in der breiten Gesellschaft angekommen. Nicht in Deutschland. Vielleicht in Südkorea wo du 4 TV Sender hast die nonstop Sparcraft/Warcraft senden, aber nicht hier.
    Ich habe nach wie vor das Gefühl dass mein Hobby zumeist von Verwandten (Eltern), Bekannten und Kollegen meistens belächelt wird.
    Klar, es gibt Ausnahmen, aber für die meisten ist es – ich Zitiere: „unnütze Zeitverschwendung“, „die Zeit vorm PC hättest du so viel besser nutzen können“, etc.

    Vom Alter her tendieren die älteren eher zur Abneigung. Ich glaube, dass da durchaus die Klischees von Pacman, Tetris und Killerspielen dominieren. Zum Teil verstehe ich das, weil wenn man sich nicht mir der Materie auseinandersetzt, dann kennt man nur das aus den Nachrichten. Ich bezweifle dass sie die Werbung zu Videospielen einordnen oder verstehen können. Da kam damals nur ein MMORPGwasfürnding als ich damals mal die WoW Werbung „versucht“ habe, zu erklären. Oder ich ernte ein „hey das ist doch was für dich“ wenn so ne Werbung für ein hirnloses F2P mobile RTL/SAT1/irgendwas Spiel kommt. NÖ, isses eben nicht!
    Da wird noch gaaanz stark alles in die „Videospiel“ Schublade gesteckt.

    Ich bin mal gespannt mit wieviel Jahren ich zum ersten mal so annährend das zum Purzeltag geschenkt kriege was ich mir wünsche, ohne es konkret auszusprechen – also im Bezug auf Videospiele 😉
    Beim Whiskey hats ja auch geklappt…

  8. Whiskey? Ist doch Alkohol, oder? Hier, ne Flasche Spiritus zum Fleckenentfernen. Ist doch was, was Du magst, nicht? 🙂

  9. Kimmel macht sich einen Spass aus den Reaktionen auf sein Video, wo er sich einen Spass aus den Reaktionen auf das erste Video gemacht hat:

    Ein nie versiegender Nachschub. Material für die kommenden Jahre! 🙂

  10. Für einen Moment dachte ich, ich wäre in die achziger zurückgereist. Wie kann man im Jahr 2015 Computerspiele immer noch als Kinderkram abtun ?! Da gehört schon eine ordentliche Portion Ignoranz dazu…und die Meinung von Ignoranten muss man ja nicht berücksichtigen.

    Und Let´s play ? Nette Methode, portierungs-unwilligen Publishern eine lange Nase zu drehen. „Everybody´s gone to the Rapture“ kommt nicht für PC ? Macht nix, ich kenne die Playstation-Version schon auswendig, Gronkh und Co sei Dank.

    Muss aber zugeben, ohne meine Kids wäre der ganze YouTuber-Rummel wahrscheinlich komplett an mir vorbeigegangen.

  11. OMG. Ich hab schon anderen auf YT beim Spielen von Videospielen zugesehen und ich hatte Spaß dabei. :-O

  12. Herr Kimmel hat dann mal zwei YouTuber in die Show gelassen und beide fühlten sich nicht angegriffen oder zurückgesetzt.
    Nicht, dass ich den Teil der Show jetzt besonders erhellend fand, für eine Aussage (über „Seht! Wir ham uns lieb!!!!) war wohl nicht genug Sendezeit.
    (Die YouTuberin sagte in einem ihrer Videos, dass sie da mehrere Stunden gedreht und ausführlich gequatscht haben. Der YouTuber (Name bekannt, aber wenn ich ihren schon vergessen habe, muss ich seinen nicht nennen) hat sonst noch nix gesagt, ausser dass er da war, weshalb ich überhaupt erst davon weiß…)

  13. Wenn man sich einige Zeit lang mit GamerGate beschaeftigt, merkt man, dass die Auseinandersetzung vielleicht oftmals kindisch, aber auch notwendig geworden ist. Inzwischen ist es aber ziemlich schwer geworden, die wesentlichen Teile noch zu filtern. Inzwischen hat dieser Baum eine Menge Zweige, und am Ende hat niemand vor Augen worum es eigentlich ging. Bald kann man jedes Problem was mit Gaming zutun hat irgendwo in diesem Wust von Gamergate Diskussionen finden. Dabei sind aber auch ein Menge Rosinen, wie zum Beispiel die Beitrage von Christina Hoff Sommers zu Videospielen.

  14. Kimmel macht sich einen Spass aus den Reaktionen auf sein Video, wo er sich einen Spass aus den Reaktionen auf das erste Video gemacht hat

    Man darf aber nicht übersehen, daß solche „Reaktionen“ gern auch mal von der eigenen Redaktion stammen, um das Ganze noch ein bißchen anzuheizen. Das überläßt man genausowenig dem Zufall wie die Videospielindustrie.

    Denn letztlich geht es um viele Klicks. Und da bedient man sich der völlig übertriebenen Verwendung von Badwords, die sind schließlich im Ami-TV verboten.

    OMG. Ich hab schon anderen auf YT beim Spielen von Videospielen zugesehen und ich hatte Spaß dabei. :-O

    Ich hab gegen 2011 damit angefangen und dabei nebenbei fließend Englisch gelernt. Außerdem habe ich so einige Genres kennengelernt, die ich niemals selbst angerührt hätte.

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s