Vorwarnung: Weniger leichte Kost!
In der Zeitung „Die Zeit“ erschien Anfang Juli ein Artikel aus der WASD, die im Gegensatz zu den reinen Produktestmagazinen a la Gamestar, sich dem Thema Videospiele mehr unter einem gesellschaftlichen, kulturellen Blickwinkel nähert.
Das Militär spielt mit
In diesem Artikel wurde ein wenig der militärische Ursprung der uns heute geläufigen Unterhaltungsmedien beleuchtet. Das erste Radiounterhaltungsprogramm wurde wohl klammheimlich durch einen deutschen Funker in den Schützengräben Flanderns „erfunden“, Filme wurden schnell als ideales Propagandamedium entdeckt und die ersten Videospiele entstanden teilweise auf Rechnern, die sonst militärischen Aufgaben vorbehalten waren. Auch wird darauf hingewiesen, dass nicht wenige Videospiele, allen voran Call of Duty, nichts anderes als offiziell abgesegnetes Militär-Entertainment darstellen, wo mit ausdrücklichem Wohlwollen von Armeeführungen, vornehmlich aus den USA, Krieg als geiles BoahhEy-Abenteuer dargestellt wird. Es werden einige Ausflüge zur Spieltheorie gemacht und es wird auf die Denkmuster eingegangen, die in nicht wenigen Spielen Vorraussetzung sind, um im Spiel Erfolg zu haben.
Rein persönlich finde ich den Artikel nicht so sonderlich gelungen, weil er zwischen zu vielen Themenbereichen mäandriert, ohne richtig zum Punkt zu kommen, ohne diverse Gedankengänge zu Ende zu führen. Aber das ist nur stilistische Kritik, die ich hier anführe.
Der Artikel ist insofern gelungen, weil ich angefangen habe darüber nachzudenken, wann ich zuletzt etwas gespielt habe, wo es NICHT darum ging virtuelle Gegner in Grund und Boden zu stampfen. Mir ist mit viel Mühe schlussendlich CHUCHEL eingefallen. Aber nur, weil ich meine Steam-Liste nach Aktivität sortiert hatte. Nach CHUCHEL kam lange nur das übliche Geballer und Gemetzel, hrhr.
Dann habe ich darüber nachgedacht, was mich all diese Spiele gelehrt haben, welche Lektionen ich für meinen Alltag übernehmen könnte, sie teilweise tatsächlich übernommen habe.
Gut, Heatsink-Management und missionsspezifische Waffenkonfiguration eines 90-Tonnen schweren Assault-Mechs sind vielleicht nicht so sonderlich nützlich in einem ansonsten mech-freien Alltag, dennoch … was habe ich in all den Spielen der letzten Jahrzehnte, von Doom über Blitzkrieg, Age of Empires, Quake, Baldurs Gate, Final Fantasy bis jetzt hin zu BATTLETECH tatsächlich gelernt?
Wenn die Kacke am Dampfen ist, ruhig bleiben, einen Ausweg suchen und trotz aller Vorbereitung immer darauf gefasst sein, dass die Kacke ratzfatz mit Dampfen beginnen kann.
Rein körperlich wäre ich natürlich nicht mehr in der Lage Krieg zu führen. Drei Schritte in voller Ausrüstung und ich würde einen Herzkasper bekommen. Und kein Shooter der Welt kann mir beibringen, wie man tatsächlich eine Schusswaffe bedient. Aber das sog. Mindset, um besser kämpfen zu können, um im Gefecht einen gewissen, einen entscheidenten Tacken ruhiger sein zu können, das habe ich. Denn genau das sucht das Militär in seinen Rekruten. Die Fähigkeit im Ernstfall ruhiger bleiben zu können als andere und auch während des Gefechtes rationale Entscheidungen treffen zu können.
Auch habe ich in all den Jahren gelernt mit Verlusten klar zu kommen. Da werden frische, unerfahrene Verbände bewusst in den Tod geschickt, um den Gegner zu binden, damit meine Veteraneneinheiten effizienter eingesetzt werden können. Stell Dich nicht so an und gib gefälligst Dein Leben für das größere Ziel! Oder ich entscheide mich in Civilization dafür mein Land in einen rigiden, brutalen Militärstaat zu verwandeln, weil ich auf diese Weise besser Krieg gegen meine Nachbarn führen kann.
Ich habe gelernt Entscheidungen zu treffen, bei denen ich virtuelle Menschen bewusst opfere, um gewinnen zu können.
Jetzt könnte man natürlich hingehen und sagen, dass Civilization aus mir genauso wenig einen zynischen Diktator macht, wie Counterstrike aus mir keinen Massenmörder macht. Man könnte durchaus sagen, dass meine Lektionen für die Wirklichkeit folgenlos sind, weil sie nichts mit der Lebenswirklichkeit zu tun haben. Man könnte durchaus sagen, dass gerade die angelernte Skrupellosigkeit mich davor bewahren könnte bestimmten Propagandamustern zum Opfer zu fallen, gerade WEIL mir durchaus bewusst ist, wie skrupellos Machthaber vorgehen können, um ihre Ziele zu erreichen.
Zu was auch immer ich in den kommenden Jahren noch mutieren werde … ich habe bestimmte Denkmuster gelernt. Militärisch sehr, sehr nützliche Denkmuster.
Nein, ich bin kein Massenmörder. Werde auch keiner mehr. Vermutlich.
Nein, ich bin kein besonders guter Soldat. Ich war kein besonders guter Soldat. Trotz Schützenschnur, weil ich besonders gut auf Scheiben und Pappsilouetten geschossen habe. Ich reagiere allergisch auf bestimmte Hierarchien.
Ich werde auch kein besonders guter Stratege sein, weil ich letztendlich doch zuviel Skrupel habe. Das eine ist ein Spiel. Das andere die bittere Wirklichkeit!
Aber mir sind diese Denkmuster vertraut. Ich kenne sie. Weil ich mich seit Jahrzehnten mit Spielen beschäftige, die mir dieses Denken antrainiert haben. Was Ausbilder, beim vergeblichen Versuch mir Gefechtsfeldverhalten beizubringen, zur Weißglut gebracht hat, Spiele haben es endlich geschafft.
Wir spielen diese Spiele tagtäglich. Zur Unterhaltung, zum Zeitvertreib, zur Erbauung.
Harmlos, folgenlos. Oder?
Vielleicht wäre es hin und wieder ganz hilfreich darüber nachzudenken, mit was wir uns hier beschäftigen.
Ja, genau. Um dann entsetzt aufzuheulen und sofort das Verbot aller Killerspiele zu fordern! *augenroll* 🙂
Nein. Um sich hin und wieder bewusst zu machen, was wir da eigentlich spielen! Damit wir uns weniger Illusionen hingeben, uns selbst ein klitzeklein weniger in die Tasche lügen. Und das wäre eine Lektion, die es wirklich wert wäre gelernt zu werden.
PS: Es gibt ein Buch namens „Militainment, Inc.“ von einem gewissen Roger Stahl. Schon etwas älter. Dessen Titelbild habe ich hier verwendet. Wer sich etwas für das Thema interessieren mag, dem lege ich es ans Herzen. Ist zwar ein sehr US-spezifischer Blickwinkel, aber man kann dennoch so einiges auf andere Bereiche übertragen.
Ich hab in meiner 25 jährigen Spielerlaufbahn so einige (hundert)tausende Leben genommen. Vor ein paar Jahren ist mir dies komisch aufgestoßen als ich dachte ich könnte mit meinen Kids NiNuKuni auf der Couch zocken. Aber da kriegt auch jeder aufs Maul. Unter tosendem Applaus der kleenen. War irgendwie auch doof. Hab sie dann GranTurismo zocken lassen. Und der Blick auf meinen Pile zeigt das töten, abmurksen, Special-, Kombo-, Silent- und MomomomoooonsterKill irgendwie aus keinem Game wegzudenken ist. Hab erfreulicherweise grade Alien Isolation auf der PS4 laufen und muss das Game für ne Trophy ohne Kill durchspielen. Ist mal was anderes…. aber wieder nix für Kids auf Couch 😉 Aber was lehrt uns das jahrelange indoktrinierte Training? Wenn morgen ne Zombiseuche ausbricht, weiss ICH was zu tun ist… ;P
Ganz gute Gedankengänge. Aber ich denke, dass man in der Realität mit dem „opfern“ der Bauern dann doch etwas zurückhaltender wäre, als in Spielen. Auch wenn die antrainierten Denkmuster durchaus passen.
Diesbezüglich fällt mir ein Buch ein, welches genau dieses Thema behandelt – dort wird eine Schlacht dem entsprechenden Lenker nämlich als Simulation / Computerspiel „verkauft“. Er gewinnt Sie dann unter Opferung sehr vieler „Bauern“ schlussendlich allumfassend.
Danach wird aber nicht zurückgesetzt, sondern es wird ihm klar, was er getan hat:
a.) Die vielen Opfer der eigenen Seite und
b.) die totale Vernichtung des Gegners.
Ihr wisst sicher, welches ich meine: Enders Game.
Gruß,
Eno.
Möchte mich da nur kurz einmischen, da dieses Thema meines Erachtens zu komplex ist und eher bei einer guten Flasche Wein und viel Zeit diskutiert werden sollte. Aber:
1.) Wir spielen Brettspiele oder Computerspiele und versuchen dabei die Regeln zu verstehen und für uns zu nutzen. Szenarien sind nur die visuelle Darstellung der Regeln. In sofern müsste man schon damit anfangen, das jegliches Brettspiel (und oft ist es ja auch so) dem Militär in die Karten spielt.
2.) Komplexität liegt meistens in der Strategie, dem vorausplanen und dem finden von möglichen Lösungswegen bei abweichenden Ereignissen. Es gibt nicht viele Szenarien die sowas bieten ausser die menschliche Boshaftigkeit, Gier und drang zur Macht, welche jeder Mensch versteht und nachvollziehen kann. Spiele wie (https://boardgamegeek.com/boardgame/218603/photosynthesis) Photosynthesis bieten da nette Abwechslung –> haben aber auch Strategie als Idee (gut fürs Militär)
3.) Jeder Sport ist gut fürs Militär
Fazit: Da im Militär alle Eigenschaften der Menschen in Perfektion benötigt werden ist für mich die Reflexion, was ich spiele, negativ zu hinterfragen eher zweitrangig im Bezug zum „töten“. Wichtig ist doch eher das man unterscheiden muss zwischen „ich liebe es zu denken“ und „tot ist mein Mittel im Leben weiterzukommen“ oder nicht ?
Bestens,
MrT
@MrT:
Vielen Dank für den Spieletipp. Ich suche gerade sowas in der Art als Geschenk 🙂
Ansonsten … ja, selbstverständlich. Alles dient dem Militär. Krieg ist eines der wenigen, wenn nicht das einzige menschliche Unternehmen, welches alles umfasst, was Menschen tun und lassen. Sollte man deswegen aufhören den Großteil (!) der Spiele zu zocken, mit denen wir uns seit den 1980ern beschäftigen? Nein, denn ich höre ja auch nicht auf einen Hammer zu benutzen, nur weil ich damit einem Menschen den Schädel einschlagen kann. Aber ich sollte mir zumindest bewusst sein, dass ein Hammer kein harmloses Kinderspielzeug ist, auch wenn ich ihn nur dafür verwende Nägel in die Wand zu hauen oder schöne Möbel zu bauen.
Idealerweise sollte man gerade kleine und junge Kinder nicht mit solchen Spielen alleine lassen. Nicht, weil kleine und junge Kinder den Unterschied zwischen Spiel und Wirklichkeit nicht begreifen können (was sie sehr wohl auch ohne uns tun können), sondern um uns zu vergewissern, dass sie hier nix in den falschen Hals bekommen und nicht doch vielleicht denken, dass es ok sei jemand anderem auf die Rübe zu geben.
Letztendlich sind Spiele nur ein Ausdruck unserer selbst. Wir Menschen sind gewalttätig, wir sind grausam, skrupellos und brutal. Aber genau die Qualitäten, die uns zu besonders guten und effizienten Killern machen, können auch dafür eingesetzt werden tiefgreifende wirtschaftliche und soziale Probleme zu lösen oder „nur“ ein schönes Möbelstück zu bauen, wenn wir unsere Kreativität zielgerichtet bündeln können. Wobei es hier auch kein Entweder/Oder gibt. Es gibt genug Beispiele für Menschen, die, um es mal etwas übertrieben auszudrücken, Monster und Engel zugleich waren.
@Eno:
Die US Air Force hat ja zu ihrer großen Überraschung feststellen müssen, dass Drohnenpiloten, die gemütlich auf einem anderen Kontinent sitzen, nach Dienstschluss nach Hause gehen wie jeder zivile Angestellte auch, ebenso unter PTSD leiden können wie Soldaten, die sich unmittelbar im Gefecht befunden haben. Alleine das Wissen Menschen umgebracht zu haben, kann diesen Stress auslösen, auch wenn der „Job“ sich anfühlt wie das Zocken eines Videospieles. Selbst Generäle haben oft genug erhebliche Probleme Menschen wissentlich in den Tod zu schicken und hadern damit noch lange nach ihrer Pensionierung, weil dann der äusser Druck wegfällt solche Gedankengänge einfach runterzuschlucken. Von daher … ja, wenn man das Wissen um die Wirklichkeit verbergen könnte, hätte man den perfekten Soldaten und Strategen.
Interessante Gedankengänge. Meine vernichtungsfreien Spiele sind entweder Rennspiele, oder konstruktive Spiele wie Kerbal Space Program, Polybridge etc.
Allerdings muss ich gestehen dass mir digitales töten Spaß bringt. Je brutaler desto besser. In Doom mit der Kettensäge Gegner filetieren? Ich bin schon ganz gespannt auf Teil 2 der neuauflage. In Sniper Elite die Anatomie des Menschen kennenlernen? Super! In Painkiller die Dämonen mit Baumstämmen an die Wand nageln? Das habe ich damals mit dem Cheat gemacht der das despawnen der Ragdolls ausgeschaltet hat um mehr Unfug zu treiben.
Alles in allem genieße ich Gewalt, solange damit niemand (real) zu schaden kommt.
Ich finde es aber auch wichtig dass man sich bei so etwas die eigene Zerbrechlichkeit vor Augen führt. Klar ist es cool als DoomGuy jeden Mühelos nieder zu schießen, aber auf der anderen Seite haben mir (nicht nur, sondern auch) PC-Spiele gezeigt wie fix einen Krieg dahinrafft, oder die mühevoll aufgebaute Lebensgrundlage zerstören kann. Klar weiß man auch ohne PC-Spiele dass Krieg gefährlich ist, aber es fällt einfach so etwas zu verdrängen. Einen selbst wird es ja schon nicht erwischen.
Wenn man aber in Red Orchestra (oder fast jedem halbwegs realistischen Kriegsshooter) das Spiel frustriert weglegt, weil einen schon wieder irgendetwas von irgendwo getötet hat, ohne dass die geringste Chance bestand sich zu wehren, vielleicht überlegt man sich dann ja ein zweites mal ob man tatsächlich seinen Grundwehrdienst antreten will. Der vermutlich sogar Spaß gebracht hätte. Aber vielleicht entscheidet man sich nach gründlicher Überlegung, und einem solchen Frustanfall beim zocken, dass man dem Land persönlich doch lieber konstruktiv dienen will, und hilft ein Jahr Menschen die sich selbst nicht helfen können.
In dem Sinne: Viel Spaß beim Zocken und (digitalen) töten 😉
Ich spiele seit gut 30 Jahren Computerspiele, die meisten davon auch höchst gewalttätig. Was soll ich machen, ich liebe First Person Shooter nun einmal. Ob mich das sonderlich beeinflusst hat, sei aber dahingestellt.
Sicher, es existieren Studien die eben das zeigen, was du hier schilderst, nämlich das Computerspiele nicht nur die Hand-Auge-Koordination verbessern, sondern offensichtlich auch die Fähigkeit zur Problemlösung und zur Entwicklung von Strategien im Umgang mit solchen. Und in gewissem Maße trifft es zumindest für mich sicherlich zu, dass dieses Hobby mich auch gelehrt hat, besser mit Frust umzugehen.
Bei allem was darüber hinausgeht bin ich aber der Meinung, dass es immer auf den Boden ankommt, auf den so ein Saatkorn fällt. Ich zum Beispiel habe trotz hoher Affinität zu teils ultrabrutalen Spielen aus Überzeugung Zivildienst geleistet und bin heute mit Leidenschaft Krankenpfleger. Für mich sind diese Spiele ein Ventil, welches ich ansonsten nicht hätte.
Wenn ich wieder einmal auf meiner Radio-Onko den Nachtdienst aus der Hölle durchgestanden habe, alleine mit bis zu 30 Patienten, viele davon prä-mortal, schwerst pflegebedürftig und nicht selten in Folge von Hirntumoren extrem desorientiert, wandertriebig und gelegentlich auch aggressiv, wenn mich mal wieder eine Patientin angebettelt hat; ich möge sie doch von ihrem Leid erlösen, wenn der Patient aus Zimmer soundso wieder die ganze Nacht vor Schmerzen geschrien hat…
…dann fahre ich nach Hause, dusche, trinke einen Kaffee und werfe den Rechner an. Dann spiele ich Doom oder Bulletstorm und es gibt auf die Fresse. Und danach geht es mir besser.
Und wo für mich die Grenzen liegen, dass kann ich dann schon ganz gut selbst definieren, danke sehr. Ich kann zum Beispiel bis heute nicht an die Spiele der Hitman Reihe ran. Dass muss damals der erste oder zweite Teil gewesen sein, jedenfalls war ein Mafiaboss das Ziel einer Mission. Angeblich ein ganz übler Kotzbrocken, aber innerhalb des Spieles wurde er als netter älterer Herr präsentiert, der ganz wunderbar Piano spielte. Und da stand ich nun, bereit für den Kill. Und konnte es nicht. Also habe ich dass dann etwas später noch einmal probiert, stand wieder lange da, konnte es wieder nicht tun. Habe dann das Spiel deinstalliert und nie wieder ein Spiel dieser Reihe angefasst.
Genauso bin ich nicht in der Lage die Bücher von Karen Slaughter zu lesen, weil das bei mir krasses Kopfkino anlaufen lässt und ich mich viel zu sehr in die Opfer diverser Psychopathen hineinversetze. Ich hasse Gewaltpornos wie The Cube, The Purge oder Final Destination.
Aber wenn ich mit Begeisterung Doom spiele oder gerade wieder einmal Crysis: Warhead oder in Fallout ein paar Raidern fröhlich die Rübe wegblase, dann soll das problematisch sein.
Natürlich ist die Sache, wie so viele andere, nicht unproblematisch. Ich wundere mich immer sehr, wenn ich mitbekomme wie viele Eltern zum Beispiel selbst Kinder im Alter von 10 Jahren oder jünger Spiele wie CoD oder Fallout spielen lassen. Meine Schwester hat da für ihre Kinder zum Beispiel eine strikte Politik, wenn meine 6-jährige Nichte bei mir ist wird mal eine Runde so ein Popcap Spiel gezockt, in dem man mit einem Fisch rumschwimmt und sich groß frisst (Gewalt!) und das finde ich auch absolut gut so.
Und wenn ich sehe, wie der kleine Bruder eines Freundes ganz tief in Warcraft regelrecht versackt ist, dann sehe ich in dem enormen Suchtpotential vieler Spiele auch ein Problem. Aber auch hier sollte man einmal genauer hinschauen und wird dann feststellen, dass die Spiele mit dem größten Suchtpotential oft scheinbar harmlose Spiele wie Candy Crush sind. Weil die inzwischen, nicht selten mit der Mitarbeit von Psychologen, ganz gezielt auf das Erzeugen von Suchtverhalten getrimmt werden.
Beides ist dann ein Beispiel von elterlichem und gesellschaftlichem Versagen und hier besteht meiner Meinung nach DRINGENDER Diskussionsbedarf. Aber diese Diskussion wird zumindest hierzulande gar nicht geführt. Und dann muss ich die Frage stellen, inwieweit die Diskussion um „Killerspiele“ hier nicht nur zur Ablenkung geführt wird, als Nebelkerze welche die wahren Probleme verschleiern und bei hinsichtlich dieses Themas unbedarften Leuten das Gefühl erzeugen soll, man tue etwas. Was, ist egal, aber man tut etwas. Für die Kinder!
Bin letztens Richtig erschrocken als da plötzlich im Kommi Bereich der Zeit so ein Harzzach auftauchte 😀
Gestatten, Rainer Zufall 🙂
Sehr interessanter Post! Zu den zwei Aussage in den Kommentaren weiter oben wollte ich noch etwas sagen, wahrscheinlich ebenfalls mäandrierend und ohne auf den Punkt zu kommen:
„Da im Militär alle Eigenschaften der Menschen in Perfektion benötigt werden…“ und „Krieg ist eines der wenigen, wenn nicht das einzige menschliche Unternehmen, welches alles umfasst, was Menschen tun und lassen. “
Was z.B. das Militär gar nicht brauchen kann und wo auch im Krieg kein Platz dafür ist, ist die menschliche Fähigkeit, Meinungsverschiedenheiten respektvoll und sachlich zu diskutieren. Dazu gibt es keine Computerspiele. Oder, auch wenn es vielleicht etwas unmännlich rüber kommt (*Tim Taylor Grunz*): Zärtlichkeit.
Speziell junge – und auch nicht mehr so junge 😉 – Männer werden durch Medien durchaus in eine bestimmte Richtung beeinflusst und so lange die Unterhaltungsbranche weiterhin von US-Amerikanischen Vorstellungen dominiert wird, wird das wohl auch so bleiben. Und was aus China so rüber schwappt, haut eigentlich in die gleiche Kerbe. Gewalt spricht uns Männer einfach auf einer niederschwelligen Ebene an, wo man nicht aus seiner Haut heraus kann.
In kaum einem Spiel gibt es etwas zu lernen, was uns zu netteren Nachbarn oder liebevolleren Eltern machen würde. Ganz wie in vielen Hollywood-Filmen, schwingt die Kriegstreiberei immer mehr oder weniger mit.
Nicht dass das jetzt etwas großartig Neues in der Menschheitsgeschichte wäre, dass Jungs zu Kriegern erzogen werden. Aber wenn man bedenkt, wie viel Zeit man heutzutage vor PC, Konsole oder Glotze verbringt, nimmt das Einstudieren der „Mindsets“ mehr Zeit ein als jemals zuvor.
Und das ist der Punkt, wo die „bösen“ so oder so gewinnen: In all der vielen Zeit, die wir mit unterhaltungselektronischem Eskapismus verbringen, tragen wir keinen Pups dazu bei, die Welt zu einem besseren, friedlicheren Ort zu machen, z.B. indem wir an der „Meinungs- und Willensbildung“ beizutragen. Stattdessen sind wir ruhig gestellt und stehen „Ihren“ Machenschaften nicht im Weg.
Ein Verbot von gewaltorientierten Computerspielen wäre natürlich abwegig und heutzutage zum Glück kaum noch ein Thema. Es sind auf jeden Fall die Eltern, die hier mehr darauf achten sollten, was ihre minderjährigen Sprösslinge so spielen. Die meisten von uns waren, so behaupte ich jetzt einfach mal, jünger als 18, als sie mit „Killerspielen“ begonnen haben. Ich habe damals mit ca. 10 Jahren angefangen, Doom usw. zu spielen. Hat es mir geschadet? Wahrscheinlich nicht, aber genützt hat es auch nichts – außer vielleicht zu lernen, wie man die „Autoexec.bat“ konfiguriert ;-). Die Zeit hätte ich besser z.B. bei den Pfadfindern verbracht, da hätte ich dann wenigstens gelernt, Zelte zu bauen und Feuer zu machen.
„Brot und Spiele“, das gezielte Ablenken der Bevölkerung oder lediglich das Ausnutzen von Desinteresse ist dann noch ein ganz anderes Thema. Welches momentan noch in mir gärt und das Stadium des rantigen Abkotzens und Heisseluftlaberns noch nicht verlassen hat.
Nun ja, Brot und Spiele haben VOR 2000 Jahren funktioniert, und ich gehe fest davon aus dass es in 2000 Jahren funktionieren wird.
Ich bin froh dass ich in einer Gesellschaft lebe die so gut funktioniert dass ich mir viel Zeit für das Spielen nehmen kann. Da gebe ich der Gesellschaft auch gerne etwas zurück, auf dass ich weiter in Ruhe Dämonen in Doom köpfen kann 🙂
Nicht ganz zum Thema: ich habe mal gehört, dass die Gewaltdarstellung in den meisten Action Filmen so übertrieben oder surreal gestaltet ist, dass sie dem Zuschauer aka. Konsument nicht so auf den Magen schlägt und er Spaß daran empfinden kann. Hat für mich auch Sinn ergeben! Nun ist die Gewaltdarstellung in Spielen um einiges surrealer. Gut so, denn der Body Count ist ja in der Regel höher als in jedem denkbaren Film.
Wäre mal interessant, wie sich die Einstellung und das Spaßempfinden bei einer höchst realistischen Gewaltdarstellung, bei den beliebten Titeln auf die Rezipienten auswirken würde. Ich denke die meisten wird mit einem unwohl sein den Titel beiseite legen.
Realistische Darstellungen von Gewalt würden als zu langweilig empfunden. Da fällt jemand bloß um und bleibt komisch verkrümmt liegen. Und das ständige Brüllen nach der Mutter des Getroffenen, bis der Typ endlich abkratzt, würde auch ziemlich nerven. Realistische Splatterdarstellung würde wahrscheinlich begrüßt werden und zum Glück gibt es noch keinen olfaktorischen Übertragungskanal, denn der Gestank von Urin und Fäkalien, wenn sich instinktiv diverse Schliessmuskeln öffnen, würde auf keine große Zustimmung stoßen.
Nein, der Realitätsgrad in der Darstellung von Gewalt ist nicht so entscheidend, wie man vermuten könnte. Nehmen wir z.B. Call of Duty 1. Der Beginn der russischen Missionen. Der Sturm auf Stalingrad. Wenn Du ohne Waffe vom Politkomissar nach vorne getrieben wirst, Dir eine Waffe von dem Soldaten nimmst, der gerade vor Dir getroffen wurde, Du Dir Munition von anderen Leichen nimmst … dieser Abschnitt kommt weitestgehend ohne die explizite Darstellung von Gewalt aus, ohne Trara, ohne Pathos und Botschaft, aber ich habe mir sagen lassen, dass er auf so manchen einen erheblichen Eindruck hinterlassen hat: Krieg? Krieg ist dummer, blöder Scheiss! Wer will denn da mitmachen?
Bereits in Call of Duty 2 wurde Krieg aber als buntes Spektakel voller Action-Setpieces inszeniert, wo man nur staunend vor dem Bildschirm sitzt, wenn Michael Bay das Geschehen übernimmt.
Wo du grade über nach der Mutter schreienden Soldaten schreibst – Red Orchestra 2 hat dies als Multiplayer-Shooter schon erschreckend gut dargestellt. Wenn du da jemand im Schützengraben mit dem Bajonett erwischt hast, und er noch Minutenlang vor sich hin gegurgelt hat wurde man schon etwas beklommen. Leider haben sie das in dem neuen Teil (Rising Storm 2 – Vietnam) nicht ganz so eindrucksvoll hinbekommen. Der unfreiwillig komische Akzent des Vietcong macht das etwas kaputt.