Ost-Berlin. Die Nacht, in der die Mauer fiel.
Tief in einem Geheimlabor unter der Stadt betritt eine Wissenschaftlerin eine monströse Maschine, welche sie in ein paralleles Berlin transportiert, in dem die Dinge ein wenig „anders“ gelaufen sind.
Überall mysteriöse Maschinenanlagen. Keine Menschen. Nur krude, grobe, aber umso tödlichere Roboter. Und dieses Ding. Die riesengroße Silhouette eines Humanoiden, die in weiter Ferne, aber dennoch über alle Dächer ragend, ihrer Wege geht.
Ja, what the fuck! Alle Welt redet hier von starken HL2-Vibes, gemischt mit Dishonored, aber mir geht beim Anblick des Trailers und vor allem beim Selberspielen der Demo nur eines im Kopf herum:
Das ist der mit Abstand abgefuckteste Shooter, den ich bislang kennenlernen durfte. Vollkommen bizarre Atmosphäre, ein ganz heftiges Ostblock-Kind. Zwar kein wirklich gutes Spiel, aber es ließ mich nicht los. Ich MUSSTE das Teil irgendwie durchstehen.
Und genau diesen Eindruck habe ich nach der Demo von Industria.
Es ist keine besonders gute Demo.
Es gibt kein Crosshair, was für einen Shooter, in dem man auf heftig austeilende Gegner mit nur minimaler Ausrüstung trifft, gleichbedeutend mit tödlicher Munitionsverschwendung ist. Auch ist mangels Crosshair nicht immer ersichtlich, ob ein Gegenstand grundsätzlich manipulierbar/aufnehmbar ist oder ob man einfach nur ein paar Pixel zu weit entfernt steht, um damit interagieren zu können. Ich hatte sehr schnell nur noch eine Spitzhacke zur Verfügung, alles Verbandsmaterial war aufgebraucht, Ende Gelände schon bei der dritten Feindbegegnung.
Ok, also kein Happy-Trigger-Baller-Gedöns, sondern eher ein Survival-Dingenskirchen? Gut, warum nicht. Umso intensiver kann dann die Kulisse wirken. Denn auch wenn das Ganze den Eindruck erweckt, gerade frisch als 0.1-Tech Alpha aus dem Compilier-Pfad der Versionsverwaltungs-Software zu kommen, so strahlt die Demo eine zumindest für mich faszinierende Atmosphäre aus.
Survival beisst sich aber (zumindest meiner Meinung nach) mit den weit auseinander liegenden Savepoints, freies Speichern gibt es nicht. Wer experimentiert, verliert.
Da die Entwickler im begleitenden Steam-Forum nicht müde werden zu betonen, dass …
- sie Ammo, Healthpacks und Gegnerstärke noch balancieren werden
- es nur aus Zeitmangel für die Demo kein freies Speichern gibt
- es im fertigen Spiel wesentlich mehr Optionen geben wird, wie z.B. das Ein/Ausschalten eines Crosshairs
… zeigt diese Demo nicht das Spiel, wie es sein wird. Das ist maximal ein Tech- und Art Design-Teaser. Der als solcher durchaus beeindruckende Ergebnisse liefert, aber auch zeigt, dass das Team aus Glasgow, Schottland, noch einen langen Weg vor sich hat.
So gibt es noch störende Inkonsistenzen in der Art, wie Gegenstände in der Spielwelt manipuliert werden. Meist genügt es, wenn ich die Benutzen-Taste drücke und ein Button wird gedrückt, eine Schublade wird geöffnet. Manchmal muss man aber, wie in den Horror-Spielen von Frictional, mit der Maus zusätzlich entsprechende Bewegungen ausführen, um z.B. eine Klappe zu öffnen. Wenn man eher in Richtung Survival gehen will und das Spiel ein langsameres Tempo bekommt, würde ich letzteres Handling dann gerne bei allen Objekten in der Spielwelt sehen.
Wie bereits gesagt, atmosphärisch überzeugt das Gezeigte aber auf jeden Fall. Die auf UE4-basierte Demo läuft gut und flüssig, auf Bugs bin ich in der kurzen Zeit nicht gestoßen.
Ob das Team in der Lage sein wird aus dieser Baustelle ein überzeugendes Spiel zu machen, wird man wohl nächstes Jahr sehen können, denn dann soll der Release erfolgen. Wenn nächstes Jahr, dann bitte Ende nächstes Jahres, denn wie gesagt … da sind noch jede Menge ganz grundsätzlicher Dinge zu erledigen.
Ob Industria ein besseres You are empty wird oder nicht … abwarten. Das Potential ist da, nur an der Ausführung muss noch kräftig geschraubt werden. Wobei genau daran, an der Ausführung, aber schon viele vielversprechende Projekte krachend gescheitert sind, weil zu oft der Fehler gemacht wird die Hürden einer Umsetzung fatalst zu unterschätzen. Denn es gibt kein „Mach doch nur mal schnell eben“, bei dem zum Schluss entsprechende Qualität herauskommt. Ich kann nur hoffen, dass dies hier nicht der Fall sein wird.
Fairerweise muss man aber auch sagen, dass dies kein Early Access-Titel ist. Da kann noch gar nix erworben werden, es gibt nur diese Demo. Ein erster Teaser, eine frühe Gelegenheit für Feedback. Auch keine schlechte Idee.

Vor einiger Zeit wurde da auf Steam mal eine Spielsession von den Entwicklern übertragen. Das hat mich, zusammen mit dem kurzen Trailer, schon derart beeindruckt, dass ich es vorsichtshalber gleich einmal auf meine Wunsch- und Folgen-Listen gesetzt habe.
Das ganze erinnert mich übrigens sehr an ‚Atomic Heart‘, auf welches ich seeehr gespannt bin, welches ebenfalls in einer alternativen Realität spielt und von einem russischen Entwickler stammt. Diese halten sich mit Informationen derzeit sehr zurück, da wurde sogar spekuliert, die ganze Nummer sei nur ein Fake. Vor einiger Zeit durfte ein russischer Spielejournalist das Spiel allerdings anspielen, das entsprechende Video ist entsprechend komplett auf russisch, die englischen Untertitel sind aber sehr brauchbar.
Und jetzt hab ich tatsächlich mal wieder Bock auf ‚Singularity‘ bekommen, eine dieser fast komplett untergegangenen und massiv unterschätzten Perlen und tatsächlich einer meiner Lieblingsshooter.
Ah, stimmt. „Atomic Heart“ gibt es ja auch noch. Irgendwie. Vielleicht 🙂
Und „Singularity“ …
Alles, was man darüber wissen muss.
Dieses Video – Die Musik hat mich so geflasht, bis ich kapiert habe, dass es Hexen ist! : D
Gänsehaut! Die Box steht im Regal und irgendwo gibts sogar noch ne Soundtrack-CD. ^^