Drei Stunden Snyder-Cut – Hülfe!

Weil die bösen Manager bei Warner den armen Zack Snyder gezwungen hatten eine greuliche Fassung von Justice League in die Kinos zu bringen, kamen im Namen der hehren Filmkunst sehr lautstarke Snyder-Fans zusammen und verlangten die Veröffentlichung eines Director Cuts. So weit, so üblich.

Aus Gründen, die ich beim besten Willen nicht nachvollziehen kann, wurde diesem Wunsch bei Warner stattgegeben und es wurde Zack Snyder’s Justice League produziert und auf HBO veröffentlicht. Szenen wurden aus dem Archiv geholt, neu überarbeitet, neu zusammengestellt, Material hinzugefügt. Nun … warum auch nicht? Ist ja nicht mein Geld und meine IP. Warner darf machen, was man dort möchte.

Gestern erschien der sog. Snyder-Cut auch auf Netflix, was mich in die Lage versetzte mit einer Tüte Chips und einem Sixpack (nicht meines, das aus dem Supermarkt) einen netten Kinoabend zu verbringen. Drei Stunden? Bassd. Wird schon nicht so schlimm werden.

*hust*

Der Film ist nicht schlecht im filmhandwerklichen Sinne. Snyder versteht in dieser Hinsicht sein Handwerk. Da gab es auch schon in der Kinoversion produktionstechnisch nicht viel zu meckern. Doch „besser“ wurde der Film gegenüber der Kinoversion nicht. Sicher, die Handlung ergibt jetzt ein wenig mehr Sinn, wirkt schlüssiger, die Plotholes der Kinoversion konnten etwas geschlossen werden. Doch dummerweise ruiniert nun Snyders ungebremster Pathos alles, was besser geworden ist. Der Film nimmt sich viel zu ernst und Subtilität war eh nie eine Stärke Snyders. Handlung und Charaktermotivation werden dem Zuschauer mit dem Vorschlaghammer ins Gehirn gedroschen und weil das nicht genug ist, werden diese Schläge noch ein, zwei Minuten lang wiederholt, damit es auch Gehirnkoma-Patienten am anderen Ende der Welt mitbekommen. Das ist nur erträglich, weil es so unfreiwillig lustig ist.

Fast schon Tränen lachen musste ich zum Beispiel, als Jason Momoa nach der Rettung eines in Seenot befindlichen Fischers mit einer Whiskey-Flasche in der Hand in einem heftigen Sturm verschwindet, derweil die Szene mit einem von Joe Cocker und The Pogues inspirierten Song begleitet wird. IN ZEITLUPE! *mwahahaha* Möönsch Aquaman, Du alte Suffnase! So deep, soooo deep! Kurz davor hat man mit Gal Gadot alte Amazonenruinen erkundet und dabei mystisches Tomb Raider-Flair verbreitet. Diesen Film hätte ich übrigens gerne gesehen.

Nur wenig in diesem Film passt tonal zusammen, vieles bleibt zusammenhangloses Stückwerk, nur durch Snyders lächerliches Pathos mühsam zusammengehalten.

Wie schon in der Kinofassung, so bleibt als Lichtblick jede Szene mit Gal Gadot. Ihr Casting als Wonder Woman ist mithin das einzige, was im DC-Movieverse richtig gemacht wurde. Ihr Charisma und ihre Ausstrahlung versetzen sie in die Lage auch holperige Szenen mit Dialogen zum Fremdschämen halbwegs erträglich zu machen.

Ja, drei Stunden Zack Snyders Justice League.

Immer noch kein guter Film, aber für einen lustigen Filmabend mit Bier und Chips hat es gereicht. Aber nur, wenn man über das Werk des am meisten überschätzen Filmregisseurs der letzten Dekaden herzlich lachen kann, anstatt das eigene Gebiss an diversen Tischkanten zu ruinieren. Zum Beispiel seinen Zombie-Film musste ich nach ner halben Stunde abschalten. Da ist es mir nicht gelungen genügend Distanz herzustellen.

Ich glaube immer noch nicht, dass Snyder wirklich verantwortlich für Watchmen war. Ich sehe keine Verbindung zwischen diesem Film und Machwerken wie Sucker Punch oder eben dieser äußerst spaßigen Komödie. Oder ist das ein Realwelt-Beispiel für die Redewendung, dass auch ein blindes Huhn mal ein Korn findet?

8 Kommentare zu „Drei Stunden Snyder-Cut – Hülfe!

  1. Ich fand den neuen Cut besser, die Geschichte fühlte sich vollständiger, stimmiger an.

    Ist natürlich grundsätzlich Geschmackssache, ob man den Pathos (der auch häufig in den Comics ist) mag. Wenn es keine Comic-Verfilmung wäre, wäre es wohl zu dick aufgetragen, aber das sind wir ja schon vom MCU gewohnt.

  2. Das ist ja alles schön und gut, aber Zack Snyders erster und RICHTIGER Zombiefilm
    https://www.imdb.com/title/tt0363547
    zählt immer noch zum Besten, was das Genre in den letzten 20 Jahren hervorgebracht hat.
    Schlägt sogar noch das -machen wir uns nichts vor- doch sehr in die Jahre gekommene Original.
    Insbesondere die Kommentarspur auf der DVD der uncut Version ist lustig.

    Der Typ scheint wirklich „cool“ und witzig zu sein und nimmt sich selber auch nicht so furchtbar ernst wie zb der liebe Quentin (der ist mmn wirklich dramatatisch überschätzt)

    Zu Snyders Spätwerk mag ich jetzt nichts sagen, ausser das mit Sucker Punch und 300 jetzt nicht als besonder schlechte Filme in Erinnerung geblieben sind.

  3. „Machwerke“, wie Sucker Punch?

    Was soll denn das bitte heißen?

    Ich kündige das Abo, und schalte alle Werbung ab! So, da hast Du es! 😉

    Der Film hat schon nach den ersten Minuten einen ewigen Sonderplatz für die absolut und für alle Zeiten beste Version von Eurythmics „Sweet Dreams“ verdient – und ist im Folgenden einer der unterbewertetsten Filmperlen, die es gibt.

    Und zum Snyder Cut:
    Was hast du da in der Kinoversion gesehen, um beide Versionen als „ca. gleich gut“ zu bewerten? Die war doch wirklich grottig schlecht – und der Cut hat (bis auf die letzten unnötigen 10 – 15 min) den Film auf ein deutlich höheres Level gehoben.
    Gal Gadot lockt mich übrigens nicht hinter dem Ofen hervor, ist oberflächlich hübsch anzusehen, aber hat parallel irgendwie etwas androgynes an sich, was mich irritiert.
    (Und das sag ich jetzt nicht nur, um dich zu ärgern – weil du Sucker Punch falsch bewertest) 😉

  4. Justice League war misslungen, und der Snyder Cut hats schon verbessert, denk ich auch. Aber er hat auch (vor allem Action-)Elemente hinzugfügt, die total lächerlich waren, z.B. die ellenlange Fang-Du-die-Box-Reiterei der Amazonen. Oder hab ich das bei Whedon nur verdrängt? — und was soll die sehr artsy wirkende Kapitelgliederung?
    Aber die ganze Story war schwach und bleibt schwach, wie kann man seine McGuffin-Mechanik mit den drei Motherboxen nur auf diese allerbanalste Weise so ausstellen? Tja, was soll man von einem Regisseur erwarten, der „Marthaaaa!“ für einen hinreichenden Beweggrund hält…

  5. @Eno: Müssen meine Kids halt unter der Brücke leben, aber hey, ich weiche nicht!!!

    Nein, wie gesagt, die Handlung ergibt hier deutlich mehr Sinn, wirkt geschlossener. Was leider durch Snyder Liebe zu Kilotonnen von Pathos leider wieder entwertet wird. Deswegen … der Snyder-Cut verschlimbessert IMHO nur alles.

    Ansonsten ist das MCU im Vergleich dazu eine britische Komödie mit jeder Menge feinsinnigem Humor und leichter Ironie. Ja, als so schlimm empfinde ich Snyders Unfähigkeit (oder Unwillen) auch nur den Hauch von Subtilität herzustellen 🙂

    Ach ja, wer den Snyder-Cut noch anschauen möchte … das 4:3-Bildformat ist gewollt.

  6. Seltsam, genau zu Deiner zementierten Ansicht über Snyder („… ist unmöglich, dass er jemals bei Watchmen das letzte Wort hatte!“) kam mir sofort ein weiteres Beispiel über eine ähnliche Enttäuschung in den Sinn – Jeniffer Lopez.
    ??? Häh, war die auch mal Superheldin ???
    Nein, nein, ganz anders! Frau Lopez trat auf meinen Radar, als sie 1998 eine gewisse Karen Sisco in ‚Out of Sight‘ von Soderbergh spielte. ‚Headstrong‘, dennoch witzig – eine Frau, die der ganzen restlichen Alpha-Riege des Films sehr menschlich und intelligent, aber mit cool hochgezogener Augenbraue nicht nur irgendwie etwas entgegensetzen, sondern sie teilweise locker an die Wand spielen konnte. War hier die legitime Gillian Anderson-Nachfolgerin geboren?
    Lange Geschichte kurz… Sie mutierte nach einem soliden Auftritt in „The Cell“ sofort anschließend zum Produkt ‚J-Lo‘ bzw. ‚Jenny from the block’… Ähh, Entschuldigung Miss Lopez, das war wohl ein Missverständnis *langsamrückwärtsgehdiefluchtergreif*…

    Tja, ernüchternd festzustellen, dass es verschwendetes Talent wohl überall gibt.

  7. „Sie mutierte nach einem soliden Auftritt in „The Cell“ …“

    Ach, Gott, stimmt. Schon ganz verdrängt. Wobei ich nicht sagen würde, dass sie ihr Talent verschwendet hat. Sie hat halt nur sehr schnell verstanden, wie der Hase in diesem Biziness läuft. Anstatt Kritikers Liebling zu sein, ansonsten nur andere von ihrer Arbeit profitieren zu lassen, hat sie sich konsequent selbst reich gemacht.

    Muss man nicht toll finden, aber ein guter Verkäufer zu sein ist auch ein Talent 🙂

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