Swag Shooter – Fashion Police Squad

Eine Weile bestand das Shooter-Genre aus grau-grün-braunem Pixelbrei, weil die Branche ehrfürchtig auf die Umsätze des Call of Duty-Franchises starrte und natürlich jeder ein Stück vom Kuchen haben wollte. Die Welt wurde mit Military-Shootern ohne Ende überschüttet, die sich alle darin übertreffen wollten noch farbloser und fader auszusehen als das optisch schon nicht allzu beeindruckende Modern Warfare. Weil das realistisch sei.

Nein, ist es nicht. Die Welt ist bunter. Sehr viel bunter. Sogar dann, wenn des Gegners Strategie darin besteht alles mit massivem Artillerieeinsatz zu pulverisieren, was ihm nicht gehört. Doch genug des Hinweis auf eine buntere, aber nicht unbedingt bessere „echte“ Welt …

Hier will ich mich einem Spiel widmen, in dem es darum geht das Grau(en) aus der Welt zu drängen und den Menschen Farbe, gut sitzende und modisch sichere Kleidung zu verpassen. In dem man auf sie schießt. Natürlich schießt man auf die Leute. Das ist schließlich ein Shooter. Aber man schießt mit Farbbeuteln und Nähmaschinennadeln. Weil es ja nicht darum geht Pixelinnereien zum Vorschein zu bringen und KI-Algorithmen in den Tod zu schicken, sondern um virtuelle Menschen besser aussehen zu lassen.

Fashion Police Squad

Technisch basiert der Titel auf Unity. Ich erwähne dies extra, weil ich nach den ersten Minuten felsenfest davon überzeugt war das Render-Ergebnis eines erweiterten GZDooms auf dem Bildschirm zu sehen. Art Design, Map Design, Spieltempo, präzise Bewegungen (vor allem beim Springen und Plattformen) sowie das Gunplay erinnern so stark an diesen Doom-Port, dass ich hellauf erstaunt war im Installationsordner die traditionelle Datenstruktur von Unity vorzufinden. Hier hat man sich nicht nur ein Vorbild genommen, sondern das Beste aus allen Welten miteinander kombinieren können.

Spielerisch erweitert FPS das übliche „Nicht denken, ballern!“ um Gegner, die nur mit bestimmten Waffen neutralisiert werden können. Skatern mit augenkrebserzeugenden Farbkombinationen wird mit dem Sekundärfeuer der Farbbeutelschrotflinte das grelle Neon aus den Klamotten gezogen. Träger grauer, fader Anzüge bekommen Farbbeutel mit dem Primärfeuer derselben Waffe auf den Torso geklatscht. Wer mit schlecht sitzenden, schlabbrigen Klamotten die Straßen betritt, wird mit den Nadeln der Nähmaschinenkanone eines Besseren belehrt. Hosen, die ca. zwei Kilometer tiefer getragen werden, werden mit einem Schlag des Power-Gürtels von ihrem Saggy-Pant-Status befreit. Und so weiter, und so fort. FPS ist definitiv ein Spiel für alle, die Modesünden für die schlimmste aller Sünden halten.

Genau dieser ständige Waffenwechsel hält einen ganz schön auf Trab. Man muss schnell wahrnehmen können, mit wem man es nun zu tun hat und dann priorisieren. Und wenn doch zu viele unterschiedliche Gegner versammelt sind, greift man zum mit Strass besetzten Spezial-Handschuh, um allen Sündern in kürzester Zeit Geschmack und Stil einzubläuen. Gewissermaßen das BFG-Äquivalent in FPS. Nur mit dem Unterschied, dass man während der Aktiv-Phase dieser „Waffe“ wie Irrwisch in Bullet-Time durch die Gegend rennt und Ohrfeigen verteilt, bis alle wieder halbwegs passabel aussehen.

Der Power-Gürtel dient zudem auch als Hilfsmittel, um sich an Lüstern, Laternen und Flaggenmasten durch die Map zu schwingen, um zum Beispiel den Angriffen eines Bosses auszuweichen oder zugemüllte Straßenabschnitte zu überqueren, die eh nur die schicke Dienstkleidung in Mitleidenschaft ziehen würden. Diese Mechanik ist anfänglich zum Verzweifeln, weil das Timing des Schwungs und der nötigen Klicks „etwas“ intuitiver und einfacher sein könnte, aber zumindest gibt einem das Spiel bei der Einführung dieser Mechanik ausreichend Gelegenheit damit zu üben und wenn dann nach einigen oder doch mehr Versuchen endlich der Groschen fällt, schwingt man beschwingt durch die Gegend und denkt schnell nicht mehr weiter darüber nach, wann man jetzt wo und wie zu klicken hat.

Es gibt die übliche Menge an unterschiedlichen Schwierigkeitsgraden, die nach dem neusten Patch auch während eines laufenden Spieles gewechselt werden können. Was gut ist, denn die Bosse sind hier nicht ohne. Ich habe eine ganze Weile gebraucht, um nur den ersten Boss, Hugo Bausch (Get it, ehh? Get it?) zu legen. Manche schaffen das angeblich auf dem schwersten Level beim ersten Mal ohne auch nur einen einzigen HP-Verlust, aber da ich mehr nicht der Shooter-Halbgott früherer Tage bin (so ich das jemals war), nehme ich dieses Feature gerne an. Der Rest des Spieles darf gerne knackig sein, aber bei Bossen (auch wenn ich über die Inszenierung selbiger Kämpfe in FPS ausnahmsweise nichts zu meckern habe) stellen sich mir traditionellerweise immer noch instinktiv die Rückenhaare auf und ein verärgertes Knurren entfährt meiner Kehle, wenn ich wieder am letzten Checkpoint stehe.

Jupp. Checkpoints. Kein freies Speichern.

Ich rolle mit den Augen und nehme das vom finnischen Entwickler gewählte Save-System ohne weiteren Kommentar notgedrungen hin … ihr kennt meine Meinung zu dem Thema. Immerhin sind sie halbwegs vernünftig verteilt, aber ganz ehrlich … effin Checkpoints-Only. *gahhhhhh*

Bugfixing, Balancing und das Einführen neuer Features erfolgen in kurzen Zeitabständen, so dass manche Nicklichkeiten und Fehlerchen, die mir noch vor ein paar Tagen aufgefallen sind, inzwischen größtenteils behoben/entschärft wurden. Da habe ich nun wirklich gar nichts zu meckern und muss als gebürtiger Halbschwabe und wohnhafter Vollbadener zähneknirschend ein Lob aussprechen, obwohl net gschumpfe doch scho g’lobt genug isch!

Nein, macht Laune. Ehrlich. Doppelschwör. Wer für so zwischendurch mal was anderes zum Ballern haben will, liegt mit Fashion Police Squad garantiert nicht falsch. Demo zum Reinschnuppern existiert auf der Steam-Store-Seite.

Erhältlich via Steam oder EGS. Pläne zu einem möglichen Erscheinen auf GOG gibt es nach Aussage der Entwickler derzeit nicht.

Not cool. Fashion Crime in progress! *slappp*

7 Kommentare zu „Swag Shooter – Fashion Police Squad

  1. Wow, sicher nix was ich mir für umsonst antun würde.
    Also ich finde die Grafik unterirdisch and Gehirnwürgen wenn ich das Gameplay sehe.

    Bin zwar Alt aber dafür nicht retro genug.

  2. Oh, bleib doch bei Deinem CoD 😛

    Nee, bassd scho. Wäre auch schlimm, wenn alle immer dasselbe mögen würden.

  3. Wie wird man denn „gebürtiger Halbschwabe“?^^ Indem man Millimeter genau auf einem kartografischen Grenzverlauf entbunden wird?

    Sehr erfrischend beknacktes Spielkonzept. Die Nähmaschinenkanone ließ mich amüsiert schmunzeln. Bei gewisser Laune könnte es sein dass FPS liebevoll zur Pile of Shame gepackt wird.

  4. Ja schade, hätte es den Grafikstil von Team Fortress wäre ich sofort dabei.
    Aber ist sogar mir zu pixelig.

  5. Mich hatte das Spiel sofort: Boomer-FPS mit Pixelgrafik, urbanem Setting und einer Prise Blaxploitation? Sold!

Kommentar verfassen

Trage deine Daten unten ein oder klicke ein Icon um dich einzuloggen:

WordPress.com-Logo

Du kommentierst mit Deinem WordPress.com-Konto. Abmelden /  Ändern )

Twitter-Bild

Du kommentierst mit Deinem Twitter-Konto. Abmelden /  Ändern )

Facebook-Foto

Du kommentierst mit Deinem Facebook-Konto. Abmelden /  Ändern )

Verbinde mit %s